"Eine Institution": Stimmen zum Tod von Arno Hamburger
1.10.2013, 09:15 UhrUlrich Maly (Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg): "Arno Hamburger war eine Institution und eine moralische Instanz. Mit seinem leidenschaftlichen und unermüdlichen Einsatz für seine Geburts- und Heimatstadt Nürnberg hat er sich außerordentliche Verdienste erworben. Mit seiner großen Lebenserfahrung, seinem Wissen und seinen gelebten Werten war er Vielen ein Vorbild. Mir persönlich war Arno Hamburger seit langem ein treuer Freund. Seine Stimme hatte großes Gewicht. Sie wird uns fehlen. Mit außerordentlichem Engagement hat er an einem demokratischen und weltoffenen Nürnberg mit gebaut. Ihm ist es maßgeblich zu verdanken, dass nach der unrühmlichen Rolle Nürnbergs in der NS-Zeit das Ansehen unserer Stadt wieder neuen Glanz gewonnen hat. Er warb in den USA genauso wie in Israel und andernorts für seine Stadt. Er war der beste Botschafter für ein neues Nürnberg, das sich gerade vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte dem Frieden, der Völkerverständigung und den Menschenrechten besonders verpflichtet weiß."
Michael Frieser (CSU-Bundestagsabgeordneter Nürnberg-Süd): "Der Tod von Arno Hamburger macht mich tief betroffen. Die Stadt Nürnberg verliert einen ihrer großen Söhne. Obwohl viele seiner Familienangehörigen durch die Nazis den Tod fanden, half Arno Hamburger entscheidend nicht nur beim Wiederaufbau seiner Vaterstadt mit, sondern trug auch maßgeblich dazu bei, aus der Stadt der Reichsparteitage und der Rassegesetze die Stadt des Friedens und der Menschenrechte werden zu lassen und diesen Titel mit Leben zu erfüllen."
Christian Vogel (Vorsitzender SPD-Stadtratsfraktion Nürnberg): "Wir sind sehr bewegt und sehr betroffen. Mit Arno Hamburger verlieren wir nicht nur einen Ehrenmann, sondern auch einen echten Freund. Arno Hamburger war ein echtes Aushängeschild. Maßgeblich trug Arno Hamburger dazu bei, den durch die Nazis geschädigten Namen Nürnbergs vom Makel der NS-Herrschaft zu befreien. Es ist vor allem sein Verdienst, dass Nürnberg in der Welt nicht mehr ausschließlich als die Stadt der Reichsparteitage gesehen wird, sondern als eine geläuterte, weltoffene Stadt, die heute in einem Atemzug mit dem Thema Menschenrechte genannt wird."
Tief betroffen reagiert auch Oscar Schneider, ehemaliger Bundesbauminister und Mitglied des Kuratoriums des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände - ein Gremium, dem auch Hamburger angehörte. Hamburger habe sein Leben bewusst in den Dienst der aktiven Erinnerungsarbeit gestellt, so Schneider. Als Überlebender des Holocaust sei es ihm wichtig gewesen, besonders jüngeren Menschen von den Gräueltaten der Vergangenheit zu berichten - damit diese sich nie wiederholten. Hamburger sei als beständiger Mahner manchmal unbequem gewesen, seine Offenheit und Lebenserfahrung hätten ihm „eine große Glaubwürdigkeit“ verliehen.
„Arno Hamburger hinterlässt eine Lücke, die nicht zu schließen ist“, sagt Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München. Er sei eine der zentralen Persönlichkeiten, die unermüdlich und leidenschaftlich daran mitgearbeitet haben, dass das Judentum in Deutschland wieder eine Zukunft hat. Zugleich sei Hamburger ein scharfer Beobachter der politischen Entwicklungen Deutschlands gewesen. Er habe unbeirrt für die essenziellen Werte der freiheitlichen Demokratie gekämpft. Sie habe Hamburger für seine Geradlinigkeit, seine Konsequenz und seine zutiefst aufrichtige Haltung bewundert, so Knobloch. „Er wird fehlen - nicht nur als herausragende Persönlichkeit der deutschen jüdischen Gemeinschaft nach 1945, sondern als vorbildlicher Charakter der politischen Kultur in der Bundesrepublik.“ Bewusst habe er daran gearbeitet, dass Deutschland für jüdische Menschen wieder eine Heimat auf Dauer ist. „Menschen wie Arno Hamburger gibt es nur wenige auf unserer Welt.“
Arno Hamburger sei ein großer Nürnberger gewesen, so Bayerns Finanzminister Markus Söder. „Er hat sich um die Aufarbeitung der NS-Zeit und um die Aussöhnung nach dem Krieg mehr als verdient gemacht. Er hinterlässt eine große Lücke. Ich verneige mich vor Arno Hamburger mit großem Respekt.“
Hans-Christian Täubrich, der Leiter des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, hob Arno Hamburgers „enorme, persönliche Leistung“ hervor, in der Stadt zu leben und sich für sie einzusetzen, in der er permanent mit schlimmen Erinnerungen konfrontiert wurde. „Seine Stimme wird in Nürnberg fehlen. Er war keiner, der nur hehre Sprüche von sich gab, sondern er stand für das, was er sagte und lebte.“
Gewürdigt wird Arno Hamburger auch von den christlichen Kirchen: Er habe großen Anteil an dem Weg, den Nürnberg von der sogenannten „Stadt der Reichsparteitage“ vor 70 Jahren zur Stadt der Menschenrechte heute gegangen sei, meint der evangelische Regionalbischof Stefan Ark Nitsche: „Mit seinem reichen Schatz an Lebenserfahrungen, seiner Autorität und seinem feinen Humor war er seiner Heimatstadt ein unermüdlicher Mahner für eine lebendige Erinnerungskultur und gegen den Rechtsextremismus.“ Gemeinsam würdigen der evangelische Stadtdekan, Jürgen Körnlein, und der katholische Stadtdekan von Nürnberg, Hubertus Förster, Hamburger als große Persönlichkeit: Er habe den Christen die Perspektiven der israelitischen Kultusgemeinde nahegebracht und sie zum christlich-jüdischen Dialog herausgefordert. Über Jahrzehnte habe Hamburger sich für die Verständigung zwischen Juden und Christen eingesetzt.
Dieser Artikel wurde am Dienstag um 9.15 Uhr aktualisiert.
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