Einkehren in Hitlers Trafo-Haus
14.7.2006, 00:00 UhrBildhauer Christof Popp hat die Tafeln für das erst kürzlich mit viel Trara eröffnete Info-System des Reichsparteitagsgeländes entworfen. Stele Nummer 15 informiert über das Umspannwerk an der Regensburger Straße, das 1936 gebaut wurde, um das gesamte Nazi-Gelände mit Strom zu versorgen.
Popp, der im Vorstand des Architekten-Vereins BauLust sitzt, war «geschockt“, als er erfuhr, dass er seine Info-Tafel gerade neben einer künftigen Burger King-Filiale aufgebaut hat. Ein Hamburger-Restaurant habe ja nun wirklich nichts mit einer historischen Auseinandersetzung zu tun. «Das Gebäude wird einfach als Hülle hergenommen“, sagt Popp, «das stößt mir bitter auf.“
Historisches Dokument
Die N-Ergie, an der die Städtischen Werke immerhin mit 60,2 Prozent beteiligt sind, habe durch den Verkauf allen Einfluss verloren. Doch das Trafohaus sei ein historisches Dokument und auch so zu behandeln. Popp: «Es gibt bundesweit nicht mehr viele komplett intakte NS-Gebäude und es liegt an einer markanten Stelle an der stark befahrenen Regensburger Straße.“ Beides spreche klar für eine Nutzung mit historischer Verantwortung.
Die Bereitwilligkeit der Stadtverwaltung und des Denkmalschutzes, einer profanen Nutzung wie dem Verkauf von Pommes und Burgern zuzustimmen, spiegelt für Popp eine fatale Grundhaltung des Baureferats: «Es ist wie beim Pellerhaus: Man wartet, ob sich ein Investor meldet und was der machen will. Eigene Visionen gibt es bei der Stadt nicht.“
Architektur-Professor Josef Reindl hat an den Positionen des BauLust-Vereins zum Umgang mit dem Reichsparteitagsgelände mitgewirkt. «Im Dokumentationszentrum baut die Stadt eine Auseinandersetzung mit der Geschichte auf und ein paar hundert Meter weiter kümmert sie sich nicht mehr darum“, wettert Reindl. Zu den Kritikern der Fastfood-Nutzung gehört auch der Leiter des Doku-Zentrums Reichsparteitagsgelände, Hans-Christian Täubrich. Beim dem Verkauf hätten nur finanzielle Interessen eine Rolle gespielt - sonst nichts.
Rüffel verpasst?
Wie aus dem Rathaus zu hören ist, hat Oberbürgermeister Ulrich Maly der Bauordnungsbehörde einen Rüffel verpasst, weil die Entscheidung für Burger King nicht an ihm hätte vorbei laufen dürfen. In der Stadt habe man den Ball flach halten wollen, heißt es von anderer Seite. Ein Amtsleiter habe noch die Bremse ziehen wollen, doch da sei der Verkaufsvertrag schon unterschrieben gewesen.
Maly will von einem Rüffel nichts wissen, «aber wir haben uns intern kritisch darüber unterhalten, an welcher Stelle eine Rückkoppelung der Verwaltung mit der Politik nötig gewesen wäre“. Weil im Aufsichtsrat der N-Ergie, die das leere Trafohaus seit Jahren verkaufen will, alle Fraktionen des Stadtrats sitzen, seien aber alle Parteien informiert gewesen.
Das stimme zwar, sagt Umweltbürgermeister und N-Ergie-Aufsichtsratsvorsitzender Klemens Gsell (CSU), «doch es war dort nur die Rede von einem Einzelhandelslager und nicht von Burger King“. Dass sich der Filialist im NS-Bau einrichtet, habe auch er erst von der Bautafel erfahren.
Ein Ankauf des Trafohauses durch die Stadt habe nie zur Debatte gestanden, sagt Maly, ohne dies wirklich zu bedauern. «Denn wir hätten uns bei den finanziellen Belastungen durch die anderen Nazi-Bauten sicher nicht dafür entschieden.“
Beim Strandhaus Wanner am Dutzendteich war Malys Kauflust bekanntlich größer. Dort kämpfte er für den Erwerb durch die Stadt, um die Traditionsgaststätte zu erhalten - weil das mehr Sympathien bringt als der Kauf eines Nazi-Baus?
Während der Stadtchef erklärt, dass es «genügend Möglichkeiten gegeben hätte, politisch einzugreifen“, sieht Baureferent Wolfgang Baumann kaum Spielraum: «Das Trafohaus liegt in einem Gewerbegebiet und dort können wir ein Schnellrestaurant nicht ablehnen.“ Die Verwaltung könne aus «Gründen des sensiblen Umgangs mit NS-Gebäuden“ keinen juristischen Streit riskieren. In den ersten Stock werde übrigens ein Fitness-Center einziehen.
Zudem habe der Denkmalschutz dafür gesorgt, dass die Werbetafeln nicht an die Fassade geschraubt werden und der äußere Eindruck nicht verändert wird. Tatsächlich hat Burger King sein Logo so dicht wie möglich vor dem Gebäude im Boden verankert.
Nur alte Steine
Auch sonst spart der Filialist nicht mit schriller Reklame. Einige Kunden finden das gut so. Wenn es nach Veronika Maier (24) gegangen wäre, hätte das Werbeschild ruhig direkt an die Fassade geschraubt werden können. «Das sind doch nur alte Steine, das tut denen doch nicht weh.“ Und Markus Prögel (28), der hier in der Mittagspause isst, lobt: «Die Nutzung verbindet Neues mit Altem. Bevor hier noch ein Doku-Zentrum einzieht, ist es besser, etwas anderes daraus zu machen.“