Pflegefamilie

Eisige Geburt im Nürnberger Stadtgraben: Baby hat festes Zuhause

Silke Roennefahrt

Lokalredaktion

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27.5.2021, 06:00 Uhr

Die Nachricht hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und kaum jemanden unberührt gelassen: Bei minus 15 Grad hatte eine junge Frau Anfang Februar im Nürnberger Stadtgraben ein Mädchen zur Welt gebracht. Die 20-Jährige war damals von den Wehen überrascht worden. Zwar eilten ihr nach einem Notruf mehrere Bundespolizisten zu Hilfe, doch als sie eintrafen, war der Säugling schon auf der Welt. Mit ihrem Begleiter hatte die Mutter Zuflucht auf einem Lüftungsgitter gesucht und das Neugeborene notdürftig mit einem Schlafsack geschützt.

Mutter und Kind hatten die eisige Geburt damals zum Glück ohne gravierende gesundheitliche Probleme verkraftet - und auch jetzt geht es dem Baby gut, wie das Jugendamt weiß, das das Neugeborene damals in Obhut genommen hatte. "Soweit es sich beurteilen lässt, hat das Mädchen alles gut überstanden", sagt Claudia Amm, Abteilungsleiterin im Allgemeinen Sozialdienst (ASD).

Überstürzte und spontane Geburten: "Der Körper kann das"

Die Kleine ist jetzt dreieinhalb Monate alt, das Amt hat feste Pflegeeltern für sie gefunden. Der Kontakt zu beiden leiblichen Elternteilen sei jedoch "aufgrund der besonderen Lebensumstände schwierig bis unmöglich", sagt Amm. Mehr darf sie aus Gründen des Datenschutzes nicht sagen. Schon damals hatte die Polizei jedoch bekannt gegeben, dass die Mutter keinen festen Wohnsitz hat.

Geburten auf der Straße sind extrem selten. Für Mütter in schwierigen Lebensumständen gibt es auch in Nürnberg zahlreiche Hilfsangebote, die solche Notsituationen vermeiden sollen. Dazu gehört zum Beispiel das Caritas-Haus für Frauen in Not, das sich um Frauen mit Kindern kümmert, die durch eine Trennung obdachlos geworden sind oder Schwangere betreut, die ihr Baby nicht in einer Pension für Wohnungslose zur Welt bringen wollen. Auch vertrauliche Geburten sind in Nürnberg möglich. Dabei kommen die Babys in einer Klinik zur Welt, ohne dass die Mutter dort ihre Identität preisgeben muss. Ihre Angaben sind nur bei einer Beraterin hinterlegt, damit das Kind mit 16 Jahren mehr über seine Herkunft erfahren kann.

Doch wenn jemand keine Hilfe will, tun sich auch die Experten schwer. Die 20-Jährige war den Nürnberger Streetworkern bekannt, von ihrer Schwangerschaft hatte niemand etwas bemerkt. Offenbar hatte sie ihren wachsenden Bauch unter dicken Pullovern versteckt, vielleicht hatte sie die besonderen Umstände auch verdrängt.

Welle der Hilfsbereitschaft

Derzeit ist das Baby jedenfalls aus Sicht der Behörden besser bei den Pflegeeltern aufgehoben. Soweit und sobald das möglich ist, wird bei Pflegekindern jedoch immer der Kontakt zu den leiblichen Eltern gehalten. An Anteilnahme hat es in diesem Fall jedenfalls nicht gefehlt. Viele nordbayern-Leser hatten ihre Unterstützung angeboten, wollten mit Geldspenden oder Wohnungsangeboten helfen. Auch Amm erinnert sich noch gut an das "überwältigende Echo", das die Geburt im Stadtgraben ausgelöst hatte.

Nach seiner Geburt im Stadtgraben wurde das Baby damals in einer Klinik versorgt. Jetzt lebt es bei Pflegeeltern (Symbolfoto).

Nach seiner Geburt im Stadtgraben wurde das Baby damals in einer Klinik versorgt. Jetzt lebt es bei Pflegeeltern (Symbolfoto). © ABEVIS

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