Entsteht ein Uni-Campus im Süden Nürnbergs?
18.4.2017, 05:52 UhrHerr Maly, es ziehen immer mehr Menschen nach Nürnberg, Wohnraum wird knapp. Wie wollen Sie das lösen?
Ulrich Maly: Bauen. Das ist die einzige Chance. Es wird uns gelingen, die Zahl der Bauanträge deutlich hochzutreiben. Das wird aber immer noch nicht ganz langen. Wir werden selbst beim geförderten Wohnungsneubau am Ende mit Quadratmeter-Mieten rauskommen, die mindestens im Durchschnitt des Mietenspiegels liegen, also bei 6,90 Euro. Das heißt: Ich darf nicht nur den Neubau in den Blick nehmen, sondern auch die Altbau-Bestände. Billig zum Wohnen ist der nicht renovierte, nicht barrierefreie Altbau, der energetisch sündigt, aber bei 4,50 Euro pro Quadratmeter liegt. Ich halte es für ökologisch vertretbar, wenn es ein paar Tausend Wohnungen gibt, die noch nicht energetisch saniert werden, die dafür aber noch bezahlbar sind. Dieses Portfolio insgesamt auszutarieren – die Neubautätigkeit, die Baulandausweisung, den geförderten und den privaten Wohnungsbau, die Altbaubestände - ist eine Denksportaufgabe.
Die Stadt muss die Unterbringung vieler Flüchtlinge stemmen. Sind Sie froh, dass viel weniger kommen?
Maly: Ja, klar. Ich habe zwar immer tapfer gesagt, wir schaffen es. Aber die Vorstellung, dass es mehrere Jahre hätte so weitergehen können wie 2015, hat uns schon den Schweiß auf die Stirn getrieben. Wir müssen auch ganz ehrlich sagen: Natürlich sind die Menschen noch nicht integriert. Die Integration in die Schulen hat ganz gut geklappt. Bei der Integration in die Kindertagesstätten sind wir gerade dabei, Fahrt aufzunehmen. Bei der Integration in die Arbeit unterstützen und helfen wir, wo wir können. Es gibt einen nennenswerten Anteil von Menschen mit verwertbarer akademischer Bildung, aber es gibt auch Analphabeten. Eine Lehre aus früherer Integration ist: Erst aufhören mit Sprachvermittlung, wenn alle das Niveau haben, das unbedingt nötig ist für das Zusammenleben.
Sie haben 2012 in einem Interview mit unserer Zeitung gesagt, dass die Menschen vielleicht einmal den Ausbau des Frankenschnellwegs mit Ihrer Amtszeit verbinden werden. Um das zu erleben, müssten Sie doch noch ein paar Jahre dranhängen.
Maly: Wenn es um die Fertigstellung geht, müsste ich es ganz sicher, weil die Bauzeit ja schon so lang ist. Es ist zwar das teuerste Verkehrsprojekt der Nachkriegsgeschichte, aber auch eines der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte, weil es uns ermöglicht, Menschen an vielen anderen Stellen zu entlasten.
Darum hoffe ich auf einen Vergleich. Im Moment ist es ein bisschen so, als würden wir mit einer zerstrittenen Erbengemeinschaft über einen Hauskauf verhandeln. Es gibt im Nürnberger Bund Naturschutz eine gewisse Bereitschaft, den Vergleich abzuschließen. Auf der Landesebene geht es nur um die Verhinderung des Großprojekts, weil Straßenbau per se „schlecht“ ist.
Auch beim Thema Uni-Ansiedlung geht es nicht voran. Erlangen versucht alles, die Technische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) doch noch zu halten. Geht Nürnberg am Ende leer aus?
Maly: Der Druck in Erlangen wächst, aus verschiedener Richtung: aus der Politik, von den Hochschulen, und auch, wie man hört, teilweise von Siemens. Ich setze darauf, dass das, was die Minister Herrmann, Söder und Spaenle zusammen auf den Weg gebracht haben, das Entwicklungskonzept FAU 2030, weiterhin gilt.
Dazu gehört, dass ein Teil der Technischen Fakultät nach Nürnberg verlagert wird.
Maly: Bei der Technischen Fakultät sind die Zuwächse bis 2030 so groß, dass niemand auf etwas verzichten muss. Wenn drei Departements nach Nürnberg wechseln und vier in Erlangen bleiben, geht das in Ordnung. Wir machen dem Freistaat ein Angebot, von dem ich sagen würde: Einen besseren Campus findet man in der ganzen Region nicht.
Wo wird dieser Campus sein?
Maly: Die wohl beste Möglichkeit ist die Brunecker Straße. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zur Messe, wo auch die Technologie-Messen stattfinden; in unmittelbarer Nähe zur Südstadt, wo urbanes Leben pulsiert; mit einem großen Centralpark in der Mitte für studentisches Leben; in unmittelbarer Nähe zum Volkspark Dutzendteich, in dem die Studierenden auch ausspannen können; in unmittelbarer Nähe zu einem der größten Kulturzentren, dem Z-Bau. Das Areal im Süden Nürnbergs hat einen Straßenbahn- und U-Bahnanschluss. Wir haben uns alle Standorte, die im Norden liegen, noch einmal angeschaut. Das Knoblauchsland wirkt so, als sei es eine freie Fläche, ist es aber natürlich nicht. Da gibt es Ausgleichsflächen. Da ist privater Grund. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Hunderte Bauern enteignen kann - oder will. Dort gibt es auch eine dörfliche Struktur, die durch 30 bis 40 Hektar Hochschulentwicklung völlig infrage gestellt wäre. Aber es muss gelten: Wenn man Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg heißt, kann nicht alles in Erlangen sein.
Der Quelle-Standort scheint diese Perspektiven nicht zu haben. Dort passiert gerade gar nichts. Wie lange Zeit gibt die Stadt dem Eigentümer Sonae Sierra noch?
Maly: Die Situation ist unbefriedigend. Da gibt es nichts drum rum zu reden. Die Frage, wie lange Zeit geben wir denen noch, ist schwer zu beantworten, weil: Denen gehört’s. Natürlich fragen wir zwischendurch mal, ob sie es vielleicht nicht doch verkaufen wollen. Die Antwort lautet immer: Nein. Wir wollen das weiterentwickeln. Insofern haben wir im Moment keine Handhabe. Es werden gelegentlich Aktenordner bei uns abgegeben, die Elemente einer Bauvoranfrage und einer Bauanfrage enthalten. Aber gesetzte oder versprochene Termine werden in der Tat immer wieder revidiert. Das ist unbefriedigend. Ich bleibe aber optimistisch, weil ich von der Qualität der Immobilie überzeugt bin. Der Markt wird dafür sorgen, dass das nicht noch unendlich lange liegen bleibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zum Unternehmenszweck von Sonae Sierra gehört, ehemalige Versandzentren zu beheizen. Was dort nicht geht: 30.000 oder 40.000 Quadratmeter Einzelhandel. Das wissen die aber auch.
5 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen