Experten sagen: ICE-Werk im Großraum Nürnberg geht auch deutlich kleiner

13.4.2021, 17:28 Uhr
Experten sagen: ICE-Werk im Großraum Nürnberg geht auch deutlich kleiner

© Wolfgang Köper

Sabine Weiß von Quadra Ingenieure plant seit 25 Jahren für die Deutsche Bahn, die Bauingenieurin kennt sich mit dem Thema also sehr gut aus. Und sie sagt: "Unsere Kompaktversion - extra für den Standort Altenfurt - braucht lediglich 2,3 Kilometer. Und es würde funktionieren." Die DB veranschlagt für ihren eigenen Entwurf 5,5 Kilometer Länge.

Altenfurter Wohnsiedlung wäre nicht unmittelbar betroffen

Falls der von der Bahn favorisierte Standort Altenfurt/Fischbach zum Zug käme, würde sich das Areal von dem geplanten Ikea-Standort an der Regensburger Straße nur bis zum Gewerbegebiet beim Stellwerk Fischbach erstrecken - so der Entwurf des Planungsbüros Quadra Ingenieure. Die jenseits davon liegende Wohnsiedlung Altenfurt wäre nicht mehr unmittelbar betroffen - im Gegensatz zu den offiziellen Bahn-Unterlagen.

Experten sagen: ICE-Werk im Großraum Nürnberg geht auch deutlich kleiner

© NN-Grafik

Die Bahn plant ihr ICE-Werk wie eine Perlenkette: Die verschiedenen Behandlungsschritte für die Fernzüge sind hintereinander angelegt. Dadurch kommt man auf 5,5 Kilometer.

Lösung liegt in parallel verlegten Gleisen

Die Alternative von Quadra Ingenieure setzt auf Parallelanordnung. Vereinfacht gesagt: Mehrere Gleise werden nebeneinander verlegt und dort werden die Arbeiten erledigt. Der ICE rollt zunächst bis zum Stellwerk Fischbach, man arbeitet die unterschiedlichen Servicearbeiten stadteinwärts etappenweise zur Halle hin ab, wo die lärmträchtigeren Tätigkeiten an den ICEs erfolgen. Von dort könnte der Zug anschließend gleich weiter zum Hauptbahnhof fahren.


Seit Bekanntwerden der Pläne gibt es in Altenfurt Proteste gegen das ICE-Werk


Der Vorteil: Der Flächenverbrauch und die Eingriffe in den Nürnberger Bannwald wären deutlich geringer - falls denn der Standort zwischen Altenfurt und Fischbach im anstehenden Raumordnungsverfahren festgelegt würde.

Der Nachteil: Der Rangieraufwand ist ungleich größer, von den Betriebsabläufen ist es für die Bahn viel schwieriger.

Das Nürnberger Planungsbüro hat seine Überlegungen in zwei Videokonferenzen der Deutsche Bahn vorgestellt. "Wir haben gezeigt, dass es kleiner geht", meint Sabine Weiß von Quadra Ingenieure, "die Lösung schont Anwohner und Reichswald. Und die ICE-Züge würden dennoch in nächster Nähe zum Hauptbahnhof gewartet, was ein großes Plus ist."

Bahn prüft Vorschlag genau

"Der Vorschlag wird derzeit detailliert geprüft, inwieweit die Prämissen unseres Vorhabens einbezogen sind", erklärt eine DB-Pressesprecherin, "es ist also keineswegs so, dass wir die Idee in Bausch und Bogen ablehnen." Doch erst müssten die Fachleute der Bahn ihre abschließende Bewertung abgeben, bevor man ausführlicher Stellung nehmen könne.

Allerdings will die Bahn bereits in dieser Woche ihre Unterlagen für das Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken abgeben. Sie hat bisher sieben Standorte benannt und favorisiert das Areal bei Altenfurt. Dies bedeutet aber nicht, so die Bahn-Sprecherin, dass der Kompakt-Entwurf unberücksichtigt bleibt. Schließlich könne man ihn im Verfahren noch nachreichen.

Grüne sind skeptisch

Die Nürnberger Grünen, die den Alternativ-Entwurf in Auftrag gegeben hatten, sind skeptisch: "Leider ließ die DB (...) durchblicken, dass sie beabsichtigt, mit ihren ursprünglichen Plänen in das Raumordnungsverfahren zu gehen", heißt es in einer Pressemitteilung. Sie appellieren an die Bahn, die kompaktere Version für das ICE-Werk in das Verfahren einzubringen.

Kein Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und Klimaschutz

"Der Bannwald steht nicht zur Disposition", meint die Nürnberger Landtagsabgeordnete Verena Osgyan, "wer es ernst meint mit dem Schutz des Reichswalds, darf hier nicht vorschnell alle Prinzipien ad acta legen, weil eine vermeintlich alternativlose Planung präsentiert wird."

"Auf keinen Fall dürfen Umwelt- und Klimaschutz gegeneinander ausgespielt werden. Diesen Zielkonflikt muss eine weitsichtige Planung und Standortsentscheidung auflösen", unterstreicht die Nürnberger Landtagsabgeordnete Tessa Ganserer.

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