Fall 27: Hängematte hilft Drogenkonsumenten zum Ausstieg

Irini Paul

NN-Lokales

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10.12.2019, 08:21 Uhr
Fall 27: Hängematte hilft Drogenkonsumenten zum Ausstieg

© Foto: Eduard Weigert

Seine Abhängigkeit hatte die Überhand gewonnen. Und dann ging alles ganz schnell: Er verlor seinen Hilfsarbeiter-Job in der Fabrik, konnte die Miete nicht mehr bezahlen und verlor seine Wohnung, landete in einer Obdachlosenpension.

Dennoch sieht sein Leben heute anders aus. Er sitzt nicht auf der Straße, muss sich nicht am Hauptbahnhof das Geld für den nächsten Schuss zusammenschnorren oder anderweitig beschaffen. Er versucht, ohne Heroin zu leben. Die Substitution hilft, dass ihm das schon seit vielen Monaten auch gelingt, wie er sagt. Und dank der "Hängematte", die sich um jene kümmert, die in einer Spirale von Sucht, Not und Einsamkeit stecken – um Menschen, die auf der sozialen Leiter ganz unten stehen und keine Wohnung mehr haben.

Abhängigkeit von illegalen Drogen und Obdachlosigkeit: Es ist ein doppeltes Stigma, das diese Menschen trifft und die daher auf Einrichtungen wie die "Hängematte" angewiesen sind: Denn dort sind Sozialpädagogen, die sich für die Not der suchtkranken Menschen interessieren und vor allem zuhören. Denn wer hierherkommt, der hat im täglichen Kampf mit der Sucht in der Regel nur noch das, was er bei sich hat.

22 Betten zur Verfügung

In den Räumen der "Hängematte" können diese Menschen einen Kaffee trinken, sich aufwärmen, ihre Kleidungsstücke waschen, sich duschen und oft die erste Mahlzeit des Tages zu sich nehmen – vor allem kommen sie nach einem harten Tag auf der Straße zur Ruhe. Und wer Glück hat, der ergattert auch eines der 22 Betten, die in der Notschlafstelle zur Verfügung stehen.

Doch sobald die Temperaturen sinken, reicht das selten. Wenn der Kontaktladen abends um 20 Uhr aufmacht, stehen bereits eine Stunde später die Chancen schlecht, noch einen Schlafplatz im Haus zu bekommen. "Die letzten Wochen waren extrem, wir mussten und müssen immer wieder viele wegschicken", sagt Sozialpädagoge Uwe Kartmann von der "Hängematte".

Doch Sozialromantik kann sich hier keiner der Mitarbeiter erlauben. Es gibt klare Grenzen und Regeln. So darf jeder Gast nur bis zu maximal 50 Tage am Stück dort nächtigen und muss danach zwei Monate pausieren – und das ist auch gut so. Schließlich soll die "Hängematte" ein Schutzraum sein, ein Rettungsanker, wo die Menschen aber auch motiviert werden, etwas Eigenes zu finden.

Aktuell gehört Andreas M. jedoch zu den fünf Mitbewohnern einer ganz besonderen Wohngemeinschaft (WG) im Haus der "Hängematte" an der Tafelfeldstraße. Denn seit Anfang Oktober leben auf der extra für sie vorgesehenen Etage fünf ehemals wohnungslose Abhängige in einer betreuten WG.

"Dieses Angebot richtet sich an Konsumenten, die bereit und in der Lage sind, an ihrer Situation etwas zu ändern, und sich auch einbringen wollen", sagt Uwe Kartmann. Kein einfacher Weg für Menschen, die bis dahin keine Ziele im Leben hatten, sondern früher jeden Tag versuchten, über die Runden zu kommen.

 "Ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen kann"

Es gehe aber auch darum, dass die Menschen die Bereitschaft mitbringen, an ihrem Konsumverhalten zu arbeiten, so der Sozialpädagoge und Suchttherapeut. "Ziel ist ein Erlernen, Einüben und Verfestigen von kontrollierten Konsumformen, die eine schrittweise Ablösung von der Szene begünstigen und somit dabei helfen sollen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen."

Andreas M. hat gute Chancen, dass ihm das dauerhaft gelingen kann. Er lässt die Hände vom Heroin und arbeitet als Küchenhelfer – eine Maßnahme des Jobcenters, um deren Verlängerung er sich selbst erfolgreich gekümmert hat. Er träumt von einem Leben mit Arbeit und einer eigenen Wohnung – und ohne Substitution. Es soll alles wieder gut werden, dafür kämpft er jeden Tag. "Ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen kann", sagt er. Die "Hängematte" hilft ihm dabei. Und die Besucher des Kontaktladens und der Notschlafstelle sind froh, dass es auch für sie einen Zufluchtsort gibt.

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