Das Delfin-Dilemma

Die dunkle Seite von Delfinen: Lebensretter oder Vergewaltiger?

Carolin Heilig

Volontärin

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29.4.2024, 13:01 Uhr
Delfine sehen immer freundlich aus, aber mitunter haben sie ein dunkles Geheimnis.

© imago/Westend61 Delfine sehen immer freundlich aus, aber mitunter haben sie ein dunkles Geheimnis.

An einem Novembertag schwimmt Rob Howes mit seiner 15-jährigen Tochter und zwei Freundinnen im Norden Neuseelands im offenen Meer. Plötzlichen taucht eine Gruppe großer Tümmler auf und kreist die Schwimmenden ein. Die Tiere ziehen immer engere Kreise um Howes und die drei Jugendlichen. Howes versucht aus dem Kreis auszubrechen, aber die Tiere stoßen ihn zurück. Dann sieht er den Grund für die außergewöhnliche Reaktion der Delfine: In unmittelbarer Nähe schwimmt ein weißer Hai im Meer.

Die Delfine bleiben so lange im Kreis um die Schwimmenden, bis der Hai abdreht. Ein weiterer Rettungsschwimmer beobachtet die Szene von einem Boot aus und bestätigt Howes Schilderungen. So berichtet es eine neuseeländische Regionalzeitung im Jahr 2004.

Delfine sehen immer so aus, als würden sie lächeln. Was liegt also näher als davon auszugehen, dass die Tiere besonders freundlich sind? Und dann gibt es auch noch die ganzen Heldengeschichten rund um die großen Tümmler – manche spielen in Filmen und Serien, wie Flipper, andere passieren in der Realität, so wie die Begegnung von Howes mit den Delfinen.

"Der wird so dermaßen verprügelt"

Aber die großen Tümmler, wie sie im Nürnberger Delfinarium leben, können auch ganz schön gemein sein. Ihr Lächeln ist mitunter eine Täuschung. Die Tiere haben auch eine dunkle Seite.

Vor allem untereinander gibt es teilweise nur wenig zu lachen, berichtet einer, der es wissen muss, nämlich Guido Dehnhardt, der an der Universität Rostock zum Verhalten von Meeressäugern forscht.

In seiner Vorlesung zeigt er den Studierenden gerne ein Video von einer Gruppe männlicher Delfine im offenen Meer: "Da sieht man, wie ein erwachsener Delfin von einer Gruppe zusammen gedroschen wird. Der wird so dermaßen verprügelt." Es werde immer gesagt, der Ozean sei so grenzenlos und die Tiere in freier Wildbahn könnten sich aus dem Weg gehen "aber das ist nicht die Realität, sondern ein Delfin, der bleibt lieber in dieser Gruppe und lässt sich verprügeln bis zum geht nicht mehr, bevor er aus der Gruppe rausgeht", erklärt Dehnhardt weiter.

Delfinweibchen leben gefährlich

Und das ist noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange an Grausamkeiten. Auch Delfinweibchen leben im Ozean gefährlich. Dehnhardt berichtet von "erzwungenen Kopulationen".

Bei uns Menschen würde man ein solches Verhalten mit Gruppenvergewaltigungen beschreiben. "Große Tümmlermännchen, die separat von den Weibchen leben, suchen systematisch Weibchengruppen auf. Sie versuchen einzelne Weibchen mehr oder weniger gewaltsam aus dieser Gruppe heraus zu drängen, um dann mit denen erzwungen zu kopulieren", beschreibt Dehnhardt.

Folge 3: Free Flipper

Die Welt der Delfine ist eine Welt der Gegensätze. Die freundlichen Retter auf der einen Seite, die Schläger und Vergewaltiger auf der anderen Seite. Und trotzdem – oder gerade deswegen – lieben wir die Tiere.

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In Folge drei von "Das Delfin-Dilemma" blicken wir auf den Mythos rund um Delfine, wie er durch Heldengeschichten oder den Filmstar Flipper entstand und schauen uns an, wo dieser Mythos auf die harte Realität stößt und unsere Delfinliebe endet. Die dritte Folge von "Das Delfin-Dilemma", dem neuen Storytelling-Podcast des Verlags Nürnberger Presse, heißt "Free Flipper", zu hören ab jetzt – überall dort, wo es Podcasts gibt.

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