Flott unterwegs auf kleinen Rädern
9.8.2020, 21:17 UhrEs war Liebe auf den ersten Blick. Im Oktober 2018 testete ich in Wien zufällig bei einer Stadtrundfahrt ein Faltrad der Manufaktur Vello. Es sah bezaubernd aus, fuhr sehr flott, war schlank, leicht und raffiniert einfach zu zerlegen. Mit einem Schlag hatte es all meine Vorurteile aus klapprigen Klappradzeiten vom Tisch gefegt. Ein gutes Jahr später habe ich mir das mit Design-Preisen überhäufte Modell von Valentin Vodev gekauft. Für stolze 1990 Euro direkt in Wien, weil es in Nürnberg bisher keinen Fahrradladen gibt, der diese Marke im Sortiment hat.
Das ist auch der Grund, warum das Vello, das ich mit seiner verschleißarmer Elf-Gang-Nabenschaltung plus Riemenantrieb fahre, außer Konkurrenz beim Faltradtest dabei ist. Drei verschiedene Modelle habe ich getestet, die der Velo-Laden in der Köhnstraße 38 führt, der als erste Anlaufstelle in Sachen Falträder in Nürnberg gilt. Zwar gibt es auch Hersteller wie Dahon oder Tern, die preisgünstigere Modelle anbieten, doch die Velo-Experten halten die Marken Brompton, Birdy und Strida für die "Top 3" auf dem Markt, was viel mit Verarbeitung, Zuverlässigkeit und den Charakter des Produkts zu tun hat.
Das Strida hat ein sehr eigenwilliges Aussehen, das der britische Designer Mark Sanders in den 1980er Jahren entwickelt hat. Mit einer dreieckigen Rahmenkonstruktion, die man oben löst. Ich halte es für das ideale Bike für den letzten Kilometer. Man sitzt sehr gerade drauf, fast wie auf einem Hochrad, erregt mit Form und grellen Farben Aufsehen und kann es gefaltet lässig ziehen. Beim ersten Fahren mag es etwas wackelig sein, aber das legt sich. Riemenantrieb und Magnethalterung sind top – ab 699 Euro ist man beim Strida dabei.
Mehr als das Dreifache kostet dagegen das Birdy, das der deutsche Hersteller Riese & Müller entwickelt hat. Es macht einen absolut robusten Eindruck, fährt sich wie ein normales Citybike der luxuriösen Art: Es ist vorne und hinten gefedert, besitzt vorne spezielle Halterungen für Gepäcktaschen, integriert einen Nabendynamo und bietet wahlweise acht bis 14 Gänge. Damit kann man richtig groß auf Tour gehen. Kostet halt ab 2300 Euro aufwärts und das Zerlegen ist etwas anspruchsvoller als bei den anderen Falträdern. Aber wer sein Auto verkauft, hat schnell das Geld dafür.
Ein richtig gutes Mittelding ist das Brompton, made in London, das längst weltweit Kultstatus genießt. Es ist nicht unbedingt eine optische Augenweide, besitzt mit der leicht gebogenen Querstange aber das Zeug zum unverwechselbaren Klassiker, der mit britischem Understatement daherkommt. Gewichtsmäßig bewegt sich das Brompton wie die anderen – je nach Zusätzen wie Schutzblech und Gepäckträger – im Bereich zwischen 11 und 13 Kilogramm. Das Falten in vier Schritten hat man nach dem dritten Mal heraus.
Sehr schön sind die vielen ausgetüftelten Details: Das fängt beim Werkzeug-Set an, das in einem der Stahlrohre versteckt ist, geht bei der Klickhalterung vorne für Fahrradtaschen weiter und hört bei der ungewöhnlichen Form des Abstellens auf, das einen Radständer unnötig macht: Man löst unter dem Sattel mit dem Zeigefinger einen Hebel, schwingt das Hinterrad nach vorne und flugs steht das Brompton ebenso fest wie elegant am Boden.
Auch wenn die kleinen 18-Zoll-Räder sich auf glattem Asphalt deutlich wohler fühlen als auf schottrigem Untergrund, macht das Brompton auf längeren Strecken großen Spaß. Es ist wendig, aber nicht wacklig – und die Sechs-Gang-Nabenschaltung reicht aus, um kleinere Hügel hochzukommen und auf der Ebene ordentlich Tempo zu machen. Sehr sinnlich ist übrigens der Sound des Brompton: Das grillige Klickern hat etwas Mediterranes – gut gemacht, ihr Briten!
Das Brompton gibt es seit kurzem auch als E-Bike-Variante – mit einem Akku, der in einem Rucksack vorne festgemacht wird. Das sind 17,3 Kilo und kostet um die 3200 Euro – fast das Doppelte des getesteten Basis-Modells. Dass es für die Elektro-Faltrad-Variante durchaus Kunden gibt, bestätigt Saskia Buschke vom Velo-Laden. Doch sie glaubt, dass das Gros der Faltradfahrer nicht in die Richtung gehen wird. Denn das gute Stück soll ja eher leicht und einfach zu handhaben sein – und zum Beispiel problemlos in den Kofferraum oder in Nischen passen, ob im ICE oder in der Schiffskabine.
Weil man Räder mit bis zu 20-Zoll-Reifen gratis wie ein Gepäckstück in der S- wie U-Bahn mitnehmen kann, sind Falträder eine interessantes Glied in der Mobilitätskette. Und ich bleibe natürlich beimeinem Vello – und hoffe, dass ein hiesiger Händler es bald im Sortiment hat.
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