Fränkische Erfolgsstory beim Bayerischen Rundfunk
18.5.2013, 14:01 UhrDer Vormittag auf Bayern3 gehört ihm. Dann geht er auf Sendung, schleicht er sich in die Büros, Wohnzimmer, Küchen. Dann erzählt er, dass er sich morgens das Hemd mit Kaffee versaut habe. Und die Hörer rufen an, geben Tipps, freuen sich, dass sie mit ihm reden können. Kaul liebt diesen direkten Kontakt.
„Wir leben das Leben unserer Hörer“, sagt er. Er sei „ein Geschichtenerzähler. Das ist mein Ding.“ Wer ihm zuhört, erfährt viel aus seinem Leben. Darüber, wie er wieder zur Freiwilligen Feuerwehr gegangen ist, in Seefeld, seinem Wahlheimatort nahe München. Wie es seinen Kindern geht, fünf und sieben Jahre alt. Und dass er dabei geholfen hat, wie sie in Seefeld den Maibaum aufgestellt haben.
Es ist diese unmittelbare Nähe, die entsteht. Sie schafft die Basis für den Erfolg der Sendungen, für das, was Radios in Reichweite rechnen. Der BR ist erfolgreich, seit Jahren. Dahinter steckt ein professioneller Apparat, der wenig dem Zufall überlässt.
Jürgen Kaul kann in seinen Sendungen auf alle Redaktionen zurückgreifen. Ein großes Team arbeitet ihm zu, während er im Studio steht, vor sich die Mischpulte mit Dutzenden Reglern und mit fünf Bildschirmen, die ihn über alles auf dem Laufenden halten: über die Beiträge, die er einspielen will, die Musik, die seine Musikredakteure vorgesehen haben, den präzisen zeitlichen Ablauf der Sendung.
Traumjob gefunden
Gutes Radio, das leicht daherkommt, ist Schwerstarbeit. Das weiß Jürgen Kaul. Er hat es gelernt, zuerst bei Radio F im sechsten Stock der Nürnberger Nachrichten. Damals, sagt er, habe er die Chance seines Lebens bekommen. Denn eigentlich ist er Großhandelskaufmann und saß seine Stunden bei einem Nürnberger Möbelhaus ab.
„Todunglücklich war ich da“, sagt er. Der Job hat nicht zu ihm gepasst, zu ihm, dem seine frühere Klassenleiterin später einmal wissen ließ, er habe einfach schon immer gern die Dinge kommentiert. Große und kleine Sender „Mir war das gar nicht aufgefallen“, sagt Jürgen Kaul heute. Inzwischen weiß er, dass sie ihn richtig eingeschätzt hat. Er liebe seinen Job, sagt Kaul, den Kontakt zu seinen Hörern, ihre Rückmeldungen, Reaktionen. „Es ist der beste der Welt, mein Traumjob, meine Berufung. Es ist schön, dass ich das sagen kann. Das kann weiß Gott nicht jeder.“
Für diese Erkenntnis ist der 45-Jährige einen weiten Weg gegangen. Von Radio F über Stuttgart und München, Südtirol und Dresden, Augsburg und wieder München. Er war bei großen und kleinen Sendern, hat sich in die Chefetagen hochgearbeitet, weil er sich beweisen musste, dass er auch das kann. „Das war lehrreich“, sagt Kaul. „Und schmerzhaft. Weil jeder Fehler doppelt bestraft wird.“ „Ich muss nicht mehr Chef sein“, sagt Jürgen Kaul. „1999 war das für mich brutal wichtig. Aber heute ist es das nicht mehr.“
Seit 2006 ist er nun in München und bei Bayern 3. Hier hat er seinen Platz gefunden. Er weiß, was sein Job wert ist, wie exklusiv er sein kann, wie abwechslungsreich und prominent. „Ich vergesse das nicht“, sagt er, „weil ich weiß, wie das vorher gewesen ist, woher ich komme.“ Das sei sein Rat an alle jungen Menschen: „Probiert die Dinge aus. und wenn sie euch nicht gefallen, dann ändert sie.“ Heute ist sein Name ein Markenzeichen. Jürgen Kaul hat den „Kauli“ erfunden.
Fränkisches Bier
Er ist die fränkische Stimme auf Bayern 3, einem Sender, der sehr viele fränkische Moderatoren hat. Und bei dem sich doch die wenigsten das anhören lassen. Kaul ist anders. Er setzt auf seine Sprachfärbung. „Die Leute nehmen den BR als oberbayerischen Sender wahr“, sagt er.
„Da ist es gut, wenn wir das Regionale einfließen lassen.“ Schwer fällt dem 45-Jährigen das nicht. Kaul ist aufgewachsen in Fischbach; er hat seine Kindheit, seine Jugend, seine ersten Jahre als Erwachsener hier verbracht, war hier auf der Schule, bei der Freiwilligen Feuerwehr, ist hier verwurzelt. Diese Wurzeln halten bis heute. Wenn er im Radio auf Sendung ist, erinnert er sich an zu Hause und lässt auch die oberbayerischen Hörer wissen, was es mit der fränkischen Kirchweih-Kultur auf sich hat.
Natürlich lebt er gern in Oberbayern, in Seefeld, mit einem Blick, wie es ihn in Bayern nur selten gibt: über das Kloster Andechs auf die Zugspitze. Seine Familie ist hier, sein Zuhause. Seine Heimat aber sei Nürnberg geblieben, sagt er. Auf Sendung kämpft er für den 1.FC Nürnberg, wünscht den Dortmundern den Sieg im Finale gegen Bayern München, und sagt, dass er sich „nicht verbiegen muss“. Wenn sich Bayern-Fans beschweren, am Telefon oder per Mail, dann antwortet er ihnen, freundlich, aber klar.
Und natürlich lebt er auch noch in Nürnberg. Alle paar Wochen, sagt Kaul, fährt er hierher. Dann schlendert er durch die Stadt, kauft ein paar Kisten fränkisches Bier für die Oberbayern („diese Münchner Großbrauereien, tut mir leid - aber das geht gar nicht“), holt sich zwei gegrillte fränkische Landwürste im Weggla bei seinem Lieblingsstand am Weißen Turm. Und fühlt sich einfach nur noch wohl.
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