Fränkischer Polizist spricht bei Corona-Demo - Vorfall hat Konsequenzen

10.8.2020, 18:35 Uhr

Vor wenigen Tagen hielt ein mittelfränkischer Polizeibeamter auf der Bühne eines Fests in Augsburg eine Rede. Ein Mitschnitt wurde am Montag auf der Videoplattform YouTube veröffentlicht. Für den Beamten hat sein Auftritt Konsequenzen.

Er sei, erzählte der Mann auf der Bühne, der nach eigener Aussage als Dienstgruppenleiter bei einer Polizeiinspektion in Mittelfranken arbeitet, bei der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen Anfang August in Berlin dabei gewesen. Von den Zuschauern erntete er Applaus. In Berlin habe er "nur glückliche, sich nach Freiheit sehnende Menschen" erlebt. Der Beamte kritisierte, welches Bild später von der Demo gezeichnet wurde – eine Demo von "Neonazis, Geisteskranken und Corona-Leugnern". Dies habe ihn bestärkt, sich öffentlich zu äußern. In Berlin sei "die bürgerliche Mitte" gewesen, sagte der Mann.

Beamter spricht von "Doppelmoral"

Er kritisierte zudem, dass bei Demonstrationen mit zweierlei Maß gemessen werde. Während die Demos zu "Black Lifes matter" von Politik und Medien gefeiert würden, obwohl auch dort teilweise die Hygienemaßnahmen nicht beachtet wurden, sei die Demo in Berlin negativ dargestellt worden. Der Beamte sprach von "Doppelmoral". Er stieß sich außerdem an den Fotos von Politikern aus dem Urlaub "ohne Maske" und "ohne Abstand". An den Stränden des Brombachsees würden die Menschen liegen "wie die Heringe". "Wir sollten schnellstmöglich zurückkehren in den Gesetzesstand vor dem Lockdown."


Nach Demo in Berlin: Debatte über Demonstrationsrecht tobt


Auf Anfrage bestätigt die Pressestelle in Nürnberg, dass der Beamte Angehöriger des Polizeipräsidiums Mittelfranken ist. "Das Video ist uns bekannt", sagt Polizeisprecher Michael Petzold. Das Recht auf freie Meinungsäußerung stehe jedem Beamten zu. Allerdings gebe es beamtenrechtliche Grenzen, wenn er sich dabei als Polizist ausgibt. "Im Präsidium wird jetzt geprüft, ob er gegen das Neutralitätsgebot verstoßen hat und somit ein dienstrechtliches Fehlverhalten vorliegt." Bis zum Abschluss der Bewertung werde der Beamte in Mittelfranken nicht mehr als Führungskraft oder im Dienst mit Bürgerkontakt eingesetzt.

Irritiert über das Verhalten seines Kollegen auf der Bühne in Augsburg äußert sich Peter Schall, bayerischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Er hat sogar die bei der Corona-Demo im Einsatz befindlichen Kollegen aufgefordert, sich dem Protest anzuschließen. Das ist einfach nicht nachvollziehbar." Zwar sei der Polizist nicht in Uniform aufgetreten. Doch mit den Worten "Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei" habe der Kollege stark provoziert. "Als Dienstgruppenleiter hat er eine Vorbildfunktion." Die habe er laut Schall möglicherweise missbraucht.