Freude für alle - Fall 5: Ein Zimmer für Vier

Silke Roennefahrt

Lokalredaktion

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19.11.2020, 07:59 Uhr
Die vier Betten passen zwar hinein in den Raum, doch ansonsten ist der Platz knapp im Flüchtlingsheim.

© Foto: Awo Die vier Betten passen zwar hinein in den Raum, doch ansonsten ist der Platz knapp im Flüchtlingsheim.

Das Zimmer ist ein schmaler Schlauch. Zwei schlichte Schränke müssen als Raumteiler herhalten und trennen Kochzeile und Esstisch von dem, was dann fürs Schlafen noch übrig bleibt.

Die vier Betten passen gerade so hinein in den hinteren Teil des Raumes, Platz zum Toben und Spielen gibt es hier nicht. Micha und Oleg K. (Namen der Betroffenen geändert), die sich die rund 30 Quadratmeter mit ihren Eltern teilen müssen, suchen sich deshalb oft ein anderes Ventil.


Fall 4: Unbändige Angst vor dem Ex-Partner


Gerade erst haben die Eltern die Wände frisch streichen müssen, Oleg, mit acht Jahren der ältere der beiden Buben, hatte sie alle voll gekritzelt. Ebenso wie sein fünf Jahre alter Bruder Mischa ist er geistig behindert und psychisch krank - und leidet deshalb ganz besonders unter den beengten Wohnverhältnissen.

"Keiner von uns kommt hier zur Ruhe", sagt Maria K, die Mutter. "Wenn beide Geschwister zu Hause sind, streiten und schlagen sie sich ständig." Zum Glück dürfe Oleg jetzt zur Schule gehen, sein Bruder wird seit kurzem in einem integrativen Kindergarten betreut.

"Sie zeigen mit dem Finger auf uns"

Dennoch bleiben, nicht nur an den Wochenenden und in den Ferien, viele Stunden, in denen die Vier irgendwie mit der Situation zurecht kommen müssen. Aus dem Haus trauen sie sich dann nur selten, aus Angst, unangenehm aufzufallen.


Fall 3: Aurelia ist noch lange nicht über den Berg


Leider fehle es auch den Nachbarn an Verständnis für die gesundheitlichen Probleme der Kinder, sagt Maria K.. "Sie zeigen mit dem Finger auf uns." Das alles sei "unheimlich schwer" zu ertragen. "Ich bin so müde, weil ich mich immer für meine Kinder rechtfertigen muss."

Seit sechs Jahren lebt Familie K. in Deutschland. In Georgien seien sie als Jesiden permanent diskriminiert worden, sagt Jurij K., der sich die deutsche Sprache schon ein bisschen angeeignet hat. Doch einen richtigen Kurs kann er nicht besuchen: Die Familie ist hier nur geduldet.


Fall 2: Die größte Gefahr lauert im Schlaf


Vor zwei Jahren wäre der 31-jährige Familienvater beinahe abgeschoben worden, ein ärztliches Attest habe dies gerade noch verhindern können, sagt die Sozialpädagogin. Doch seit dem nächtlichen Besuch der Polizei ist auch das bisschen Sicherheit im Flüchtlingsheim dahin. "Wir haben eigentlich immer Angst", sagt Jurij K.. "Ein richtiges Leben ist so kaum möglich."

Fahrräder fehlen

Doch aufgeben wollen die Eltern trotzdem nicht. Jurij K. hofft, dass er irgendwann eine Ausbildung machen kann, zum Maler vielleicht. Als sie sich ihren Mann in den beklecksten Klamotten vorstellt, muss die sonst so ernste Maria K. zum ersten Mal lachen. Sie selbst träumt von einem Backofen, um mit ihren Kindern Teig zu kneten und Kuchen zu backen - das sei auch für die Feinmotorik der Buben gut, habe ihr ein Therapeut gesagt.


Fall 1: Zwischen Hoffnung und Panik


Auch sonst drehen sich die Wünsche der Erwachsenen, von der Hoffnung auf mehr Raum zum Wohnen mal abgesehen, nur um die Kinder. Fahrräder würden sie gerne anschaffen, oder einen Tretroller. Oleg zeichnet gern, ihn würden die Eltern gerne in einen Malkurs schicken. Von seinem bisher einzigen Besuch im Tucherland schwärmt der Achtjährige bis heute. Die Weihnachtsaktion will diesen und einige der anderen Wünsche erfüllen.

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