Freude für alle - Fall 9: Geheimsache Schwangerschaft

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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24.11.2020, 06:57 Uhr

Nach einer ersten angelernten Tätigkeit hatte die 22-jährige gerade eine aufwändigere Ausbildung begonnen. Sie war motiviert, lernte fleißig, wollte Geld verdienen, um dann noch zu einem weiteren Ziel aufzubrechen: einem Hochschul-Studium. Es sollte aufwärts gehen, sie wollte durchstarten - und vor allem eins: ihre schwierige, konfliktbeladene Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen hinter sich lassen.

Nur nach vorne zu schauen und nicht mit plötzlichen Katastrophen zu rechnen, ist in ihrem Alter normal. Doch vor etwa einem Jahr wird sie Opfer einer schweren Vergewaltigung. Die Traumatisierung ist so übermächtig, dass sie sich niemandem anvertraut. Der Täter bleibt unbehelligt. Julia versucht, die schreckliche Momente zu verdrängen - vergebens. Als sie einige Wochen später merkt, dass sie davon schwanger geworden ist, bricht die Verzweiflung mit noch größerer Wucht auf.

Und die werdende Mutter verfällt, ähnlich wie schon ihrer Jugend, in depressive Phasen. Dennoch trifft sie völlig klare Entscheidungen, für sich und vor allem für das Kind im Bauch. Es soll leben. Und sie will unbedingt alles alleine durchziehen. Weder ihr Freund soll davon erfahren noch ihre Eltern oder Freunde. Schon gar nicht der Arbeitgeber. Niemand soll sie unter Druck setzen können. Letztlich gelingt es ihr tatsächlich, ihre Schwangerschaft zu verheimlichen. Auch das hat freilich seinen Preis: Sie muss sich immer wieder krankschreiben lassen. Als dann Corona zu wüten beginnt, gehört Julia Z. zu den ersten, die ihre (befristete) Stelle verlieren.

Jobben gehen kann sie auch nicht mehr. Sie gerät in eine Abwärtsspirale - nur die Beraterinnen der Geburtshilfe können sie punktuell auffangen. Zur Welt kommen sollte das Kind per Kaiserschnitt in einer der Kliniken im Großraum - wo sie sonst niemand kennt und ihre Anonymität gewahrt bleibt. Inzwischen ist das Baby in guten Händen.

"Aber Julia wird nicht an demselben Punkt wieder anfangen können, an dem sie aufgehört hat", schreibt die Sozialpädagogin des Klinischen Sozialdienstes an die Weihnachtsaktion. "Sie ist körperlich schwächer, extrem empfindlich und verletzlich. Im Moment hat sie keine Idee, wie sie beruflich und finanziell wieder auf die Beine kommt." Massive Existenzängste mischen sich immer häufiger in die Depression. Vielleicht muss sie einen ganz neuen Weg einschlagen.

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