Fuggerstraße: Abschlepp-Aktionen zeigen Wirkung
20.7.2016, 06:00 UhrSelbstverständlich weiß er, dass er die nicht zugelassene A-Klasse nicht auf dem Parkstreifen abstellen darf, aber der Hof ist doch schon komplett vollgestellt mit Autos. "Was soll ich da also machen?", ruft ein etwas nervöser Mann Mitte 50 aus seinem Schlafzimmerfenster. Ein lautes "Tüüt, tüüt, tüüt" hat ihn gerade erst aus seinen Träumen gerissen.
Als um 5.32 Uhr die Sonne aufgeht, sind zwei Polizisten, vier Sör-Mitarbeiter, der Leiter der Kfz-Zulassungsstelle und drei Fahrer eines Abschlepp-Dienstes hingegen schon einige Zeit auf den Beinen. Der große Abschleppwagen fährt weiter rückwärts auf die A-Klasse zu. Tüüt tüüt tüüt. Der Fahrer hält schließlich an, steigt aus und beginnt, die Ladefläche herunterzulassen. "Wenn du 120 Euro für die Anfahrt hast, dann lasse ich ihn stehen", ruft er dabei dem Mann am Fenster zu. Sofort beginnt der zu kramen. Wohl in den Hosentaschen, jedoch ohne Erfolg. Dann verschwindet er vom Fenster. Kurze Zeit später hält er zwei 50-Euro-Scheine in der Hand. Mehr habe er nicht. "Zwanzig zu wenig. Komm, die findest du noch", antwortet der Fahrer trocken. Die Tochter hilft in letzter Minute aus. Er wirft das Geld durch das Fenster im ersten Stock runter auf den Gehweg. Der Preis für eine Schonfrist von rund 24 Stunden ist damit bezahlt.
Wie so viele Autohändler in dieser Straße ist der Mann den Sör-Mitarbeitern und der Polizei wohlbekannt. Seit zweieinhalb Jahren sieht man sich regelmäßig, nämlich alle vier bis sechs Wochen. In diesem Intervall startet die Stadt seit September 2013 unangekündigte Abschlepp-Aktionen rund um die Fuggerstraße. Auch an diesem Morgen werden alle Autos, die ohne Kennzeichen auf öffentlichen Parkflächen stehen, rigoros abgeschleppt – es sei denn, ihre Besitzer tauchen auf, zahlen die Anfahrtsgebühr und entfernen dann natürlich noch das Fahrzeug.
Bereits um vier Uhr machte sich einer der zuständigen Sör-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht veröffentlicht haben möchte, auf zu einem Streifzug durch das vor allem von Autohändlern bevölkerte Areal. "Bevor die Abschleppwagen kommen, schaue ich, wo genau ich sie hinschicken muss. Außerdem müssen die Autos fotografiert werden, damit hinterher keiner behaupten kann, es seien Kennzeichen am Fahrzeug gewesen", erklärt er. Von Anfang an hat er die Aktion mit begleitet und koordiniert. Aber nicht nur er, auch die übrigen Beteiligten sind vom ersten Tag an dabei. So auch Polizist Herbert Grenlein.
Zwei bis drei Stunden täglich für Strafzettel
Grenlein erinnert sich: "Vor acht bis zehn Jahren hat sich das Areal zur Autohändlermeile entwickelt. Im Vergleich zu den Anfängen ist die Situation hier heute deutlich besser geworden." Zu Beginn habe man in der Fuggerstraße und den Nebenstraßen täglich zwei bis drei Stunden damit zugebracht, Strafzettel zu verteilen, die man später zerknüllt auf dem Boden wiederfand, so der Polizist. Eine deutliche Besserung brachten die unangekündigten Abschlepp-Aktionen. Von anfänglich rund 100 illegal abgestellten Fahrzeugen sind es mittlerweile nur noch etwa 20. An diesem Morgen stehen 19 auf der Liste.
"Von den abgeschleppten Autos werden ungefähr 80 Prozent wieder abgeholt, 50 Prozent direkt in den ersten Tagen", weiß Bernhard Fischer, Sör-Abteilungsleiter für den Bereich Verkehr. Die Fahrzeuge, die von ihren Besitzern nicht mehr ausgelöst werden, kommen in die Schrottpresse – auf den Kosten bleibt dann die Stadt sitzen. "Aber es ist einfach notwendig, hier zu handeln", so Fischer.
Bis September 2013 mussten erst tellergroße rote Punkt auf die Windschutzscheibe geklebt werden. "Eine freundliche Wegfahr-Aufforderung", nennt es Fischer. Vorher durfte nicht abgeschleppt werden. "Das hat aber wenig gebracht, denn dann wurden einfach Autos mit Punkt in die Höfe gefahren und andere Fahrzeuge dafür auf die Straße", so der Abteilungsleiter. Vor zweieinhalb Jahren hat das Rechtsamt der Stadt dann entschieden, dass in diesem Areal auch ohne Vorwarnung Fahrzeuge mitgenommen werden dürfen.
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