Fürther Straße: Bürgerversammlung drängt auf Tempo 30

16.03.2019, 06:00 Uhr
Tempo 50 gilt derzeit entlang der Fürther Straße. In Höhe des Justizneubaus wurde im Juli 2018 eine Neunjährige tödlich verletzt, als sie die Fahrbahn überqueren wollte und von einem Auto erfasst wurde.

© Fotos:Roland Fengler, Jo Seuß Tempo 50 gilt derzeit entlang der Fürther Straße. In Höhe des Justizneubaus wurde im Juli 2018 eine Neunjährige tödlich verletzt, als sie die Fahrbahn überqueren wollte und von einem Auto erfasst wurde.

Drei Verkehrsunfälle mit Kindern seit Juli 2018: "Das ist zu viel!" — so lautete schon nachmittags die zentrale Botschaft bei der Kinderversammlung für die westlichen Stadtteile zwischen Gostenhof, Eberhardshof, Muggenhof und Doos. Abends wird die besorgniserregende Unfallserie von mehreren Erwachsenen angesprochen. Einer davon ist Familienvater Klaus Obermaier aus der Glockendonstraße, der schonungslos auf die Problematik der Fürther Straße hinweist.

"Sie ist zu breit und zu schmal", lautet seine Kernthese, die Baureferent Daniel Ulrich später ebenso als zutreffend bezeichnet wie den Umkehrschluss: dass eine durchgehend einspurige Verkehrsführung für den Autoverkehr die Situation deutlich sicherer machen würde. Einig ist man sich über die Ausgangslage: An breiteren Stellen lade die überwiegend schnurgerade Fürther Straße zum Rasen ein, bei eingeengten Bereichen wie beim Rio-Kino oder bei der Veit-Stoß-Anlage sei sie dagegen so unübersichtlich, dass "zu wenig Spielraum bei Fehlern" bestehe.

 

 

 

Einen aktuellen Beleg hat kurz vor der Bürgerversammlung gegen 16 Uhr ein Unfall in Höhe des Veit-Stoß-Platzes geliefert, wo ein 71-Jähriger nach Erkenntnissen der Polizei unvermittelt die Straße überqueren wollte und ein 48-Jähriger nicht mehr bremsen konnte. Mit schweren Verletzungen wurde der Mann ins Krankenhaus gebracht, der Pkw-Fahrer erlitt einen Schock. Mit Verweis darauf erinnert Klaus Obermaier an die Grünanlage, wo viele Kinder spielen und die Gefahr bestehe, dass angesichts des am Gehsteigrand verlaufenden Radwegs mal ein Kind abrupt auf die Straße ausweicht. Als Gegenmaßnahme plädiert Obermaier für ein Tempolimit auf 30 Stundenkilometer.

"Mehr Kontrolle nötig!"

Bettina Rütz, Mutter von vier Kindern und Elternbeirätin am Dürer-Gymnasium, weist wie der Gostenhofer Bürgervereinschef Heinz-Claude Aemmer auf ein weiteres Problem hin: Die Grün-Phase ist in der Fürther Straße zum einen oft so kurz, dass Kinder und ältere Menschen das Überqueren in der Zeit nicht schaffen. Zum anderen gebe es Autofahrer, die nicht mal die Grün-Phase respektieren, wie der Unfall eines Fünftklässlers gezeigt hat, der dabei eine Hirnblutung erlitt. "Mehr Kontrolle ist nötig!", appelliert Rütz nachdrücklich an die Adresse von Stadt und Polizei.

"Die Unfälle machen uns betroffen", räumt Matthias Messer, Leiter der Inspektion-West, ein. Als erste Schritte gegen Raser entlang der Fürther Straße nennt er den erhöhten Einsatz der Laser-Pistole und das verstärkte Abschleppen von Falschparkern, das mit der Stadt abgesprochen worden sei. Es soll nicht zuletzt dafür, dass gerade Kinder besser gesehen werden, wenn sie am Fahrbahnrand stehen.

Baureferent Daniel Ulrich bezeichnet die Fürther Straße als "ein Problem, über das man tiefer nachdenken muss". Er verspricht: Die Verwaltung werde "alles in einem Zug angehen und tun, was möglich ist" — und vielleicht auch mehr, als aktuell gesetzlich möglich sei. Bisher gilt auf Hauptstraßen in Deutschland Tempo 50, sofern nicht direkt angrenzend Schulen, Horte oder Altenheime einen Hebel für Tempo 30 liefern. Hier war die Stadt Nürnberg federführend — und Ulrich will weiter Briefe an Städtetag und Bundesverkehrsministerium schreiben, um neuen Spielraum für mehr Sicherheit zu ermöglichen.

46 Kommentare

MeinNicknameistweg

@WilliamFoster: klar, ich wurde auch so erzogen und natürlich erziehe ich meine Kinder genauso. Uns ist auch noch nichts passiert. Fakt ist aber, dass wir auch alle in der Fahrschule gelernt haben, bei Kindern am Straßenrand vorsichtig zu sein. Wer aber heute eine Gruppe Kinder auf einem engen Gehweg sieht, fährt nicht langsamer. Kinder machen ja keine Fehler. Und wenn, selber Schuld. Außerdem wird von Radfahrern auf dem Radweg erhöhte Rücksichtnahme gefordert, da ja jederzeit ein Fußgänger (oder Auto) den Weg ohne zu gucken kreuzen könnte. Für Autofahrer gilt das aber komischerweise nicht... die haben das Vorrecht auf der Straße. Mittlerweile sogar überall, da sie stärker sind.

magellan

Meistens ist man im Berufsverkehr eh nichtmehr viel schneller als 30, schon wegen der Ampelschaltungen,
also was solls,
die Frage ist, ob nochmehr Schilder auch wirklich weniger Unfälle bringen werden oder ob ein allgemeines Umdenken bei allen Beteiligten gefragt wäre, es gibt einfach mehr Verkehr als früher
(leider nicht den Verkehr, an den Sie jetzt gerade dachten ;) ).
Autos, Busse, Radfahrer, Fussgänger, ältere Menschen mit Rolator, was keine Schande ist, all das kann man nicht immer mit ein paar Ampeln und Tempo 30 regeln.

Optimalfall wäre ein bezahlbarer, zuverlässiger, komfortabler, barrierefreier ÖPV, mit Spezialangeboten für Handwerker und Lieferdienste, und darauffolgend ein Verbot des individuellen Verkehrs, ja, aber wo genau gibts das schon?

WilliamFoster

@meinnicknameistweg: Doch doch, wer ohne zu schauen auf die Straße rennt ist definitiv selbst schuld. Als ich jung war haben mir meine Eltern und auch die Verkehrserzieher in der Schule beigebracht, wie man sich an einer Straße verhalten muss. Hab ich begriffen, und mich dran gehalten. Und – oh Wunder – trotz (oder vielleicht wegen?) dieses massiven Eingriffs in meine Selbstbestimmung lebe ich noch.
Interessant in diesem Zusammenhang wäre natürlich auch eine Rückschau der Redaktion, wieviele Unfälle es in der Fürther Strasse VOR diesem ganzen Verkehrberuhigungsgedöns gab, natürlich auch in Relation zur Zahl der durchfahrenden Autos.

wilde Südstadt

@Equi:

Bitte informieren Sie einfach bei einer Stelle, die beispielsweise einen staatlichen Auftrag hat, anstatt in Projektionen zu verfallen , was z.B. "Propaganda" angeht, und Studienergebnisse von Instituten benutzen , die einen Konzernauftrag haben.

https://www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/ medien/2546/publikationen/wirkungen _von_tempo_30_an_ hauptstrassen.pdf

Equi

@WildeSüdstadt: Tempo 30 ist NICHT umweltschonender. Autos verbrauchen bei Tempo 50 und erst recht bei Tempo 80 erheblich weniger als bei Tempo 30. Verkehrschilder „Tempo 30 - Luftreinhaltung“ sind propagandistischer Blödsinn. Leiser mag es sein, sauberer definitiv nicht.