Fiasko für die Artenvielfalt
"Gärten des Grauens": Auch Nürnberg verbietet nun Schottergärten
18.4.2022, 09:19 UhrSie bieten weder Tieren noch Pflanzen eine Heimat, heizen die Siedlungen auf und sind ästhetisch hoch umstritten: Schottergärten. Die Stadt Nürnberg hat solche großflächig mit Steinen, Kies, Geröll oder Splitt bedeckten Gartenflächen für Neubauten nun verboten. Die Mittelfranken stehen damit nicht allein auf weiter Flur: "Da kommen jede Woche, jeden Monat ein paar Kommunen hinzu", bilanziert Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag.
"Der Wunsch nach einer Regelung in vielen Städten und Gemeinden in Bayern und ganz Deutschland ist da und zum Teil auch groß, weil Schottergärten, verdichtete Steingärten, Plattungen oder wie man es nennen will, mit Blick auf die Biodiversität, das Binnenklima sowie baukulturell ein Problem sind", zählt Simon auf.
Während sich über den ästhetischen Aspekt der als "Gärten des Grauens" im Internet zu unrühmlichen Ehren gekommenen Flächengestaltung letztlich streiten lässt, ist unstrittig, dass die Schottergärten ein Fiasko für die Artenvielfalt sind. Summt und brummt, flattert und wuselt es in einem vielfältig angelegten Garten, fühlen sich dem Naturschutzbund NABU zufolge noch nicht einmal Reptilien auf den monotonen Flächen wohl.
Blick auf den Klimawandel
Außerdem heizen sich die Steinwüsten bei Sonneneinstrahlung stark auf, während zugleich der kühlende Effekt der Pflanzen fehlt, die dann auch nicht für das Filtern von Feinstaub zur Verfügung stehen. Zudem lassen die hoch verdichteten - meist mit einem Vlies unterlegten - Schottergärten kaum Wasser versickern, was etwa bei Starkregen zu Überschwemmungen führen kann. Das sind alles Aspekte, die mit Blick auf den Klimawandel als Problem angesehen werden.
Die bayerischen Stadt- und Gemeinderäte stützten sich also auf gute Argumente, wenn sie Schottergärten verbieten. In Nürnberg etwa gilt diese Regelung ab Juni für alle Neubaumaßnahmen - und zwar nicht nur für neue Bebauungspläne, sondern auch bei der Bebauung von Baulücken. "Eine gute Durchgrünung und qualitative Freiflächengestaltung dient dem gesunden Wohn- und Arbeitsumfeld und einem attraktiven Ortsbild und leistet einen aktiven Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel", begründet Planungs- und Baureferent Daniel Ulrich den Schritt.
Die Franken nutzen dabei eine Möglichkeit, die laut Bauministerium mit der Novelle der Bayerischen Bauordnung zum 1. Februar 2021 neu geschaffen wurde. Seither können die Gemeinden in einer örtlichen Bauvorschrift die Gestaltung und Bepflanzung der unbebauten Flächen von bebauten Grundstücken regeln. "Allerdings ändert diese Satzung wenig an der Nachverdichtungstendenz", betont Simon. Ob eine Einfahrt, ein Stellplatz, eine Garage, ein Pool neu gebaut werden dürfen, stehe auf einem anderen Blatt. "Die Satzung kann nur regeln, dass dann der letzte Quadratmeter bitte nicht auch noch mit Platte oder Schotter belegt wird."
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