Gastronomie
Gastronomie im Lockdown: "Es waren Horror-Monate"
10.6.2021, 10:58 UhrEs grenzt an ein kleines Wunder, dass man sich bei Kostas Chatzis wieder an einen gedeckten Tisch setzen und zum Beispiel feines Gyros oder ausgezeichnete Schmorgerichte genießen kann. Wie alle Gastronomen hatte die Pandemie auch den 45-jährigen Inhaber des griechischen Restaurants "Thalassa" eiskalt erwischt.
Mehr oder weniger von heute auf morgen hatten sie im vergangenen November schließen müssen. Wer konnte, der bot zumindest "take away" oder einen Lieferdienst an. Andere machten gar nicht erst auf. Das besonders Bittere für Chatzis: Er hatte erst sieben Wochen zuvor sein Restaurant auf dem Areal des Post-SV in Schweinau eröffnet und dann war gleich wieder Schluss.
Viel zu wenig Zeit, um sich einen Namen unter der großen Konkurrenz zu machen und somit zumindest ein wenig des enormen Einkommensverlustes durch einen Lieferdienst ausgleichen zu können. "Es ist sinnlos", sagte er damals im Gespräch mit unserer Redaktion. "Das können die Restaurants machen, die Stammgäste haben." Und auch von den in Aussicht gestellten Überbrückungshilfen werde er nicht profitieren.
Die Kosten liefen den Einnahmen davon
Doch Gastronomie ist für viele Betreiber mehr als ein Broterwerb, die meisten gehen diesem Job mit Herzblut nach. Umso bedauerlicher, dass manche den zweiten Lockdown nicht überlebten. Weil die Kosten den fehlenden Einnahmen davonliefen, weil es über Monate keinerlei verlässliche Öffnungsperspektiven gab.
Auch Chatzis spricht von "Horror-Monaten", in denen er sich dann doch dazu durchrang, einen Lieferdienst anzubieten – allen Widrigkeiten und schlechten Perspektiven zum Trotz. "Von November bis Februar war das Geschäft unbeschreiblich schwer", wie er heute sagt. Eine schier unzumutbare Belastung – vor allem emotional mit den Fragen: "Wie geht es weiter, wann dürfen wir wieder öffnen, halten wir so lange durch?"
Eine Herzensangelegenheit
Chatzis stammt aus einer Gastronomen-Familie, ist in die Branche quasi hineingeboren. Das "Thalassa" ist seine Herzensangelegenheit, mit dem er den Menschen neben den bekannten Klassikern vor allem authentische griechische Küche näherbringen will. Aufgeben wollte er nicht, postete weiter fleißig auf Facebook, versuchte in Kontakt mit seinen Gästen und vor allem in Erinnerung zu bleiben.
Er hat überlebt, auch weil irgendwann dann doch für den kleinen Familienbetrieb öffentliche Mittel flossen, alle seiner Mitarbeiter in Kurzarbeit waren. Auch sie mussten mit erheblich weniger auskommen, auch weil das Trinkgeld als tragende Säule des Gehalts während des Lockdowns für Servicekräfte wegbrach. Unterdessen liefen die Nebenkosten weiter – ohne die Ersparnisse wäre es nicht gegangen. Obwohl der Verpächter ihm schließlich mit der Miete entgegenkam.
Die Branche ist nicht über dem Berg
Das geringe Geschäft überbrückten er und sein Team damit, sich selbst Arbeit zu machen. Sie haben den Innen- und Außenbereich renoviert – obwohl sie dies bereits ein halbes Jahr vor Eröffnung getan hatten. Die Öffnung der Innen- und Außengastronomie ist auch für Kostas Chatzis ein kleiner Hoffnungsschimmer. Über dem Berg ist auch er nicht - Corona bleibt für die Branche schwer berechenbar.
Und: "Wir hoffen, dass uns die Leute nicht vergessen haben", wie er es formuliert. Keine unbegründete Sorge: Viel Zeit hatten er und sein Team nicht, sich als gute Gastgeber in die Köpfe der Gäste einzuprägen. "Wir sind wieder da", sagt er heute. Auch wenn: "Wir sind immer noch da" es wohl besser treffen würde.
Die Prognosen sind eher schlecht
Wie viele Pleiten in der Gastronomie die Pandemie zur Folge hatte und auch weiterhin haben wird, darüber gibt es bisher keine validen Zahlen, nur Schätzungen. Bereits Ende Oktober hatte die Hamburger Wirtschaftsauskunft Crif Bürgel in einer Analyse davor gewarnt, dass bundesweit mehr als 8300 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés insolvenzgefährdet seien. Jedes fünfte Unternehmen aus der Gastronomie könnte betroffen sein. Kostas Chatzis hat sich vorgenommen, nicht dazu zu zählen.
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