Fall 7 von "Freude für alle"

Geprügelt, missbraucht und gequält: Dreifache Mutter aus Franken erlebte in ihrer Ehe die Hölle

16.11.2024, 17:00 Uhr
Die Zahl der Menschen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, ist auch 2023 massiv gestiegen. Die Opfer sind meist weiblich.

© imago/epd Die Zahl der Menschen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, ist auch 2023 massiv gestiegen. Die Opfer sind meist weiblich.

Es gab einen Moment in ihrem Leben, in dem ihr seine Schläge fast lieber gewesen wären als die sexuellen Übergriffe. Um sich das auch nur annähernd vorstellen zu können, muss man sich Arina K.s (Name geändert) ganze Geschichte anhören.

Und die beginnt vielversprechend: Eine junge Frau, die als Altenpflegerin arbeitet, und ein junger Mann, ebenfalls in einem Ausbildungsberuf tätig, verlieben sich ineinander und sind glücklich miteinander. Doch nach etwa zwei Jahren beginnt er sich zu verändern: "Er war total aufbrausend, wurde laut, hat mich dann schon mal am Arm gepackt", wie die heute 42-Jährige erzählt. Am Anfang reden die beiden noch miteinander, er beginnt sogar ein Anti-Aggressionstraining. "Ich habe an ihn geglaubt und wollte ihm helfen." Sie habe ihn ja geliebt.

"Ich bekam die Schläge meines Lebens"

Als sie das erste Mal schwanger wird, beruhigt sich die Situation. Als sie mit dem Baby nachhause kommt, wird es wieder schlimmer. Er schubst sie, packt sie brutal an. Dabei bleibt es vorerst. Die beiden bekommen noch zwei weitere Kinder. Irgendwann geht er nicht mehr arbeiten und beginnt Drogen zu nehmen. Sie kümmert sich um die drei Kleinen, geht putzen und kellnert manchmal auf Hochzeiten, um das Arbeitslosengeld aufzubessern. Weinen die Kinder, flippt er aus. "Als meine Eltern, zu denen ich ein ganz enges Verhältnis hatte, dann kurz nacheinander gestorben waren, war es vorbei. Da habe ich die Schläge meines Lebens bekommen", wie sie es ausdrückt.

Ihr Schutzschild war weg. "Jetzt wusste er, dass er alles mit mir machen kann." Er schlug sie mehrfach zusammen, bei einem Mal war die Wucht derart massiv, dass ihr Jochbein angebrochen war. Er verbrannte sie mit dem Glätteisen, trat sie und verging sich mehrfach an ihr. Und er sagte immer: "Wenn Du mich verlässt, nehme ich Dir die Kinder weg." Sie glaubte es ihm. "Andere hätten nie gedacht, dass er so ein Schläger ist. Er war wortgewandt, charmant und hat jeden manipuliert. Ich war irgendwann einfach nur noch ein Wrack."

"Ich hatte Todesangst"

Auf einer Mutter-und-Kind-Kur kommt sie zur Ruhe und fasst den Entschluss, ihn zu verlassen. Sie wendet sich an eine Opferschutz-Organisation, die versucht, für sie und die Kinder einen Platz in einem nahen Frauenhaus zu bekommen. "Ich hatte eine Todesangst, dass er das mitbekommt." Jede Kommunikation musste heimlich ablaufen. Was nicht leicht war. "Er hat mich ja auch kontrolliert. Ich hatte null Privatsphäre. Mein Handy musste ich immer mit dem Display nach oben legen." Es habe Wochen gedauert, bis endlich ein Platz frei wurde, an dem sie mit ihren drei Kindern unterkommen konnte. Dass sie alles zurücklassen musste, auch die Erinnerungsstücke an die Eltern, schmerzt sie bis heute.

"Erstaunlicherweise nahm er den Auszug relativ gelassen hin." Auch das war in der Rückschau Berechnung. Denn da wartete auf sie die "Hölle", wie sie es ausdrückt. Sie scheitert damit, das alleinige Sorgerecht für die Kinder zu bekommen. Er hat das Recht, die Kinder zu sehen. Sie wechseln sich mit der Erziehung ab. Relativ schnell bringt er die Kinder mal nicht zurück oder gibt sie nicht mehr heraus. Als sie sich an die Polizei wendet, verweist die auf das gemeinsame Sorgerecht, wie Arina K. erzählt.

Um ihre Kinder sehen zu können oder bei ihnen bleiben zu können, geht sie wieder in die Wohnung. Am Anfang muss sie nur auf die Knie gehen und darum bitten. Irgendwann zerrt er sie wieder an den Haaren durch die Wohnung, zwingt sie zu erniedrigenden sexuellen Handlungen - mit ihm oder anderen, die er zu sich in die Wohnung bestellt, während die Kinder in ihren Betten liegen. Die er wieder und wieder als Druckmittel benutzt.

Um Arina K. gefügig zu machen, zwingt er sie, etwas zu trinken und gibt ihr Crystal Meth - eine hochaggressive Droge, die sehr schnell süchtig machen kann. So auch sie. Sie steckt in einer Spirale aus psychischer Gewalt, Drogen und sexuellem Missbrauch. Es ist eine kurze Phase in ihrem Leben, aber für sie die schlimmste. "Ich wäre lieber verprügelt worden, als das alles machen zu müssen."

Hilfe in der größten Not

Erst als sie eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes kennenlernt, wendet sich das Blatt für sie. Die stellt den Kontakt zur Opferschutzbeauftragten der Polizei her, ist für die Mutter da. "Vor allem hat sie mir zugehört und mir geglaubt." Arina K. macht eine Langzeittherapie, die Kinder kommen während dieses halben Jahres in Pflegefamilien unter. Sie kämpft sich zurück, reicht die Scheidung ein und bekommt schließlich sogar das alleinige Sorgerecht. Sie baut sich aus dem Nichts ein neues Leben mit Möbeln aus dem Sozialkaufhaus auf und lebt heute in Frieden ohne ihren Ex-Mann, der Kontakt zu den Kindern hält und "inzwischen Ruhe" gibt.

Über dem Berg ist sie aber nach über fünf Jahren noch nicht. Auch wenn sich ihre drei Töchter im Alter von 10, 12 und 15 heute gut in der Schule machen, worauf Arina K. besonders stolz ist. "Aber natürlich haben vor allem die beiden Kleinen Verlustängste und sind emotional überhaupt nicht ausgeglichen. Sie haben eben doch einiges mitbekommen", sagt sie. Daher gilt ihre ganze Fürsorge und Sorge ihren Kindern, zudem wünscht sie sich, bald wieder arbeiten zu können.

Die Kinder sind das Wichtigste

Auch, um noch schneller von den Schulden herunterzukommen, die vor allem ihr Ex-Mann zu verantworten hat. So aber bleibt das ohnehin knappe Budget vom Jobcenter und den gekürzten Unterhaltsvorschuss durch das Jugendamt, weil der Vater nicht zahlt, eine Herausforderung. Zumal die gebrauchten Möbel kaputtgehen, ihre älteste Tochter dringend einen Schrank braucht und alle Winterkleidung benötigen. Träume hat sie dennoch: Ein altes gebrauchtes Auto, um mit den Kindern auch mal Ausflüge zu machen oder die Töchter, die alle in Sportvereinen sind, auch einmal zu einem Vereinsspiel fahren zu können. Dass sie kein eigenes Zimmer hat, sondern im Wohnzimmer auf der Couch schläft, kommentiert Arina K. unterdessen mit einem lapidaren "das ist in Ordnung für mich". Die Kinder stehen für sie an erster Stelle. "Sie sind das Allerwichtigste in meinem Leben."

Um die Alleinerziehende und ihre drei Kinder unterstützen zu können, bitten wir herzlichst um Spenden.

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Die Spendenaktion „Freude für alle“ des Verlags Nürnberger Presse (VNP) unterstützt seit über 50 Jahren bedürftige Alleinstehende und Familien in unserer Region. Dafür stellen wir in der Vorweihnachtszeit beispielhafte Einzelschicksale vor. Helfen auch Sie mit einer Spende!

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Spendenquittungen stellen wir ab 300 Euro aus, bitte hierfür die vollständige Adresse hinterlassen.

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Weitere Informationen zum Datenschutz und Antworten auf häufige Fragen zu unserer Weihnachtsaktion „Freude für alle“ finden Sie unter www.vnp.de/ffa

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