Grabstein 2.0: Nürnberger Friedhof erlaubt QR-Codes
15.8.2014, 11:00 UhrVon Werbeplakaten oder Online-Tickets der Bahn kennt man das schwarz-weiße Muster namens QR-Code schon. Die Abkürzung QR steht für Quick Response, was auf Deutsch „schnelle Antwort“ heißt. Das Prinzip ist einfach. Mit dem Smartphone wird der Code eingelesen und der führt weiter auf eine Seite im Internet. Wer einen geliebten Menschen zu Grabe tragen muss, der hat mittlerweile die Möglichkeit, im weltweiten Netz an den Verstorbenen zu erinnern, ein Kondolenzbuch einzurichten oder eine Bildergalerie. Der Variantenreichtum ist groß.
In Köln und Berlin erlauben die Friedhofssatzungen das Anbringen von QR-Codes. Wer an einem Grab steht und mehr sehen möchte, als die Bilder in seinem Kopf, der kann sich mit Hilfe seines Handys von der Gegenwart in die Vergangenheit schicken lassen. Die Kölner Stadtverwaltung hatte erst ihr Veto dagegen eingelegt, weil sie Ruhestörung befürchtete: zum Beispiel, wenn jemand einen QR-Code einscannt und auf einer Erinnerungsseite landet, die lautstark das Lieblingslied des Verstorbenen hinausposaunt. Doch letztlich wurde der Versuch eines QR-Code-Verbots auf Kölner Friedhöfen auf Antrag der FDP-Fraktion im Umweltausschuss der Stadt Köln gekippt.
Wer die historischen jüdischen Friedhöfe in Berlin kennenlernen möchte, kann das mittlerweile auch mit Hilfe eines digitalen Leitsystems machen. QR-Codes verhelfen den Besuchern in deutscher und englischer Sprache zu Informationen über die Geschichte der Anlagen, über Gräber und Verstorbene.
Günther Gebhardt, der Chef der Nürnberger Friedhofsverwaltung hat an sich kein Problem mit QR-Codes auf Grabsteinen. Allerdings habe bislang noch niemand den Wunsch danach geäußert. „Wäre das der Fall, würden wir QR-Codes zulassen. Allerdings müsste vorher festgelegt werden, welcher Inhalt auf der Seite stehen sollen und dass dieser unverändert bleibt, solange das Grab genutzt wird. Diese Auflage würden wir machen.“ Botschaften politischer oder sonstiger tendenziöser Art sollten nicht vermittelt werden, fügt Gebhardt hinzu. Dass es vermehrt zu Fällen von Ruhestörung kommen würde, glaubt er nicht. „Manche Leute laufen jetzt schon mit dem Smartphone über den Friedhof. Wenn das jemanden stört, kümmern sich die Friedhofsmitarbeiter darum.“
Gebhardt selbst möchte keinen QR-Code auf seinem Grab. „Wie das gestaltet wird, entscheidet alleine meine Frau, die hoffentlich länger lebt als ich.“ Insgesamt scheint das Bedürfnis der Nürnberger nach digitalem Totengedenken tatsächlich noch nicht allzu ausgeprägt zu sein. Das bestätigen auch die Natursteinbetriebe, bei denen die NZ nachgefragt hat, – darunter die Firma Lindner und die Firma Harich Grabmale. Mit Kundenwünschen nach QR-Codes sind sie bislang noch nicht konfrontiert worden.
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