Sozialer Wohnungsbau

Günstige Wohnungen: Angebot in Nürnberg bleibt mehr als knapp

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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9.6.2021, 06:00 Uhr

Knapp 100 Familien haben seit kurzem an der Donaustraße nahe dem Nürnberger Hafen ein neues Zuhause: Die BayernHeim, eine vor drei Jahren vom Freistaat gegründete Baugesellschaft, ließ hier drei Mehrfamilienhäuser hochziehen, mit Kinderspielplatz und gemeinsamen Freiflächen. Neben jungen Familien dürfen auch Singles und Senioren einziehen - wenn sie Anspruch auf die sogenannte einkommensorientierte Förderung haben. Damit wird die Miete für sie erschwinglich.

Dieses System wurde vor gut 20 Jahren eingeführt und trat an die Stelle der früheren staatlichen Subvention von Sozialwohnungen. Die damit buchstäblich zum Auslaufmodell wurde. Doch die neue Förderform konnte die Verluste jedenfalls bisher nicht annähernd kompensieren. "Der Rückgang der Belegungsbindung macht uns schon Sorgen", sagt Britta Walther, die Leiterin vom Stab Wohnen im Wirtschaftsreferat.


Von den insgesamt knapp 300.000 Wohnungen in der Stadt sind heute nur gut 18.000 "belegungsgebunden", wie das offiziell heißt, das ist etwa 16. Wohnung. Und von den "klassischen" Sozialwohnungen gibt es lediglich noch rund 10.500 - und bis 2030 schrumpft diese Zahl um mindestens 4000. Zum Vergleich: Vor dreißig Jahren waren es noch 57.000 gewesen. Ähnlich sieht es auch in den anderen Städten des Großraums aus, allen voran in Erlangen und Fürth.

Dazu kommt: Nicht nur die alten Bindungen fallen nach und nach weg, auch das Instrument der sogenannten Erhaltungssatzungen wird längst nicht mehr genutzt. Es erschwerte vor allem die Umwandlung und damit Verteuerung von Miet- in Eigentumswohnungen in ganzen Vierteln.

Nürnberg war Pionierstadt

Die Stadt Nürnberg war bundesweit in einer Vorreiterrolle und hatte in den 90er-Jahren mehrfach auf diese Karte gesetzt: Nach Aufzeichnungen der Verwaltung lebten Mitte der 90er-Jahre knapp 48.000 Bürger in 17 Erhaltungssatzungsgebieten. Doch dieser Ansatz wurde nur etwa zehn Jahre lang durchgehalten.

Möglicherweise bewahrheitet sich allerdings auch hier der alte Slogan "Totgesagte leben länger". Denn angesichts der weiterhin stark angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt wird inzwischen über eine Neuauflage nachgedacht. Städte wie Stuttgart, Münster und Leipzig haben schon Nägel mit Köpfen gemacht. Das geht aus einer Vorlage für den Stadtplanungsausschuss des Nürnberger Stadtrats hervor, der sich morgen damit beschäftigt. Wichtigstes Ziel ist es, Bewohner mit niedrigen und mittleren Einkommen vor flächendeckender Verdrängung aus lange günstigen Stadtteilen zu schützen.

Andererseits war die Zahl der beim Wohnungsamt registrierten Bürger, die mehr oder weniger dringend eine neue Bleibe suchen und die Voraussetzungen für eine Sozialwohnung erfüllen, zuletzt leicht gesunken. Waren Ende 2018 noch gut 8000 Haushalte gemeldet, standen zum jüngsten Jahreswechsel noch gut 6500 Namen auf den Wartelisten. Erfolgreich vermittelt werden können pro Jahr etwa 1000 Berechtigte.

Corona als Bremse

Allerdings lässt das keineswegs auf einen tatsächlich gesunkenen Bedarf schließen: Die Dunkelziffer der Suchenden, die nicht gemeldet sind, dürfte jedoch hoch sein. Auch Corona könnte zu dem Rückgang der Vormerkungen beigetragen: Weil Umzüge massiv erschwert waren, rechnete sich mancher womöglich noch weniger Chancen als sonst aus zum Zuge zu kommen.

Günstige Wohnungen: Angebot in Nürnberg bleibt mehr als knapp

© Michael Matejka

Dabei haben Staat und Stadt ihre Anstrengungen für mehr geförderte Wohnungen in den vergangenen Jahren durchaus verstärkt. Waren von 2010 bis 2015 in Nürnberg "nur" 621 mit insgesamt 55,8 Millionen Euro geförderte Mietwohnungen neu entstanden, waren es von 2016 bis 2020 mehr als doppelt soviele: 1433, gefördert mit gut 200 Millionen Euro. Dabei ist der jährliche Etat weiter knapp bemessen: Im laufenden Jahr kann das Wirtschaftsreferat interessierte Bauträger mit 65 Millionen Euro unterstützen - damit die damit errichteten Wohnungen für Mieter mit Förderanspruch reserviert sind.

Wichtigster Hebel bleibt die Vorgabe, in einem Projekt jeweils 30 Prozent der Wohnungen für schwächere Haushalte vorzusehen. Durchsetzen kann die Stadt das aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, zum Beispiel bei städtebaulichen Verträgen wie in Lichtenreuth oder wenn sie eigene Grundstücke zur Verfügung stellt.

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