Gutachten spricht für eine Altstadt-Tram in Nürnberg
23.11.2011, 06:59 UhrZu diesem Ergebnis kommt zumindest der Gutachter Stephan Krug von der Ingenieursgruppe IVV (Aachen). Das Büro untersucht im Auftrag der Stadt für den Nahverkehrsentwicklungsplan (NVEP), wie das Straßenbahn- und U-Bahnnetz in Nürnberg bis 2025 ausgebaut werden kann. Krug stellte gestern im NVEP-Projektbeirat 18 Varianten vor.
Eine Altstadtquerung würde etwa 20 Millionen Euro Investitionen kosten, rechnet IVV unter Absprache mit der VAG vor. In der Prognose gehen die Fachleute von 13500 bis 15800 Personen-Fahrten pro Tag aus. Rund 7200 Fahrten, also die Hälfte, sind laut Gutachter zusätzlich. Darunter seien 1000 Fahrten von Pkw-Nutzern, die umstiegen, und 1400 von Radfahrern und Fußgängern. 2000 Fahrten würden ganz neu angestoßen. „Dabei gibt es fast keine Konkurrenz zu den U-Bahnlinien 3 und 1“, betonte er. In einer Nutzen-Kosten-Analyse kommt er auf den Wert von 4,59, der Nutzen übersteigt die Kosten also um über das Viereinhalbfache. Das ist, so sagte ein anderer Gutachter diese Tage im Rathaus, ein enorm positiver Wert, den es so – ungenutzt – in Deutschland kaum gebe. Die Linie rechne sich beinahe von selbst.
Route über den Campus
Das Büro IVV hat noch Varianten untersucht. So wurden die Investitionen rein rechnerisch auf 77 Millionen Euro hochgeschraubt (Krug: „Für modernste Fahrtechnik oder Stadtgestaltung“), und noch immer kam mit 1,01 ein positiver Wert in der Beurteilung der Altstadtquerung zustande. Selbst unter Einbeziehung einer Straßenbahnlinie über den Campus der Georg-Simon-Ohm-Hochschule, die Krug für sich genommen gar nicht für sinnvoll erachtet, gelangt er noch bei Investitionen von 37,5 Millionen Euro auf den Wert von 1,61.
Mit anderen Worten: Wie er es auch dreht oder wendet: Verkehrs-, betriebswirt- und volkswirtschaftlich kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Tram durch die Altstadt sinnvoll ist. „Das sind bemerkenswerte Zahlen“, sagte Grünen-Stadträtin Christine Seer hinterher. „Die Altstadtquerung ist so bewertet, dass man schwer daran vorbeikommt“, betonte SPD-Stadtrat Jürgen Fischer. Dennoch könne es sein, dass sich der Rat wegen Gestaltungsfragen dagegen entscheide, schränkte er ein. Von einer „Trasse mit respektablem Nutzen“ sprach Stefan Scherer vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr. Michael Reindl (CSU) hielt sich mit einer Bewertung zurück.
Laut Gutachter macht eine Linie 9 durch die Pirckheimerstraße keinen Sinn. Hier überstiegen die Kosten bei Investitionen von vier Millionen Euro den Nutzen um den Faktor 14,25. CSU und Grüne wie auch Anwohner und der Verkehrsclub VCD fordern jedoch einen Weiterbetrieb, auch wenn Mitte Dezember der U-Bahnbetrieb der U3 aufgenommen wird. Reindl gestand dennoch ein: „Die Bewertung ist deutlich.“
U-Bahn nach Eibach?
Große Vorteile (Wert 2,1 bei 17,7 Millionen Euro) sieht der Gutachter auch bei einer Tram ins Entwicklungsgebiet Brunecker Straße und einer Straßenbahnverbindung über den Hafen nach Kornburg (1,11), was aber 94 Millionen Euro kosten würde. Mit 95 Millionen Euro schlüge eine U-Bahn-Verlängerung nach Eibach (ab Hohe Marter) zu Buche, mit einem Wert von 1,64 wäre der Nutzen aber höher als die Kosten. Potenzial spricht Krug auch einer Tram nach Kornburg über Marthweg sowie nach Reutles und nach Erlangen (Uni-Süd-Campus) zu. Hier, wie auch bei einer Verbindung der Gräfenberg- mit der Rangaubahn, ist aber die Stadt Nürnberg nicht zuständig.
Die Ergebnisse werden am 8. Dezember im Verkehrsausschuss des Rats diskutiert.
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