Hässlicher Zweckbau mit Kultstatus
7.9.2008, 00:00 UhrDie prominenten Gäste waren ZZ Top, Frank Zappa, Udo Lindenberg, BAP, Wolfgang Ambros und AC/DC (um nur einige zu nennen). Und die Bar gehörte zur Hemmerleinhalle, die in den 80er Jahren Rockfans aus ganz Nordbayern anzog. Mitten in der fränkischen Provinz erlebten sie hier die Größen der internationalen Rockszene.
Genau 20 Jahre ist es her, da verschwanden die heißen Rhythmen ein für allemal aus der Halle. Die Betreiber des benachbarten Hotels zogen in den 4000 Besucher fassenden Zuschauerraum eine Wand ein und statt Gitarrenduellen auf der Bühne gab es nur noch Ballwechsel auf neu eingerichteten Tennisplätzen. «Der Abschied geschah sang- und klanglos», schrieben die Nürnberger Nachrichten am 10. September 1988.
Gut zehn Jahre lang aber war die «Hemmerleinhalle – Nürnberg», wie es oft auf Plakaten und Eintrittskarten hieß, ein Magnet für alle, die im Musikbusiness Rang und Namen hatten. «Entdecker» der Hemmerleinhalle war Rainer Hänsel, damals gerade Anfang 20 und auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für die Rockkonzerte, die er in seiner Heimatstadt Nürnberg veranstalten wollte. «Wir hatten damals ein Problem in Nürnberg», erinnert sich Hänsel. Alles was es in der Stadt gab, war zu groß oder zu teuer. Deshalb fuhr er über Land und suchte nach einem geeigneten Raum. In Neunkirchen wurde er schließlich fündig. Die 1973 errichtete Mehrzweckhalle schien geeignet, auch wenn das Risiko, dass niemand so weit raus aufs Land fahren wollte, ziemlich groß war. Und nicht wenige Rockfans standen ratlos in Neunkirchen am Sand und suchten vergeblich nach der Konzerthalle.
Mancher Musiker reagierte etwas verwundert, wie etwa der Engländer Ian Dury, der nach seinem Konzert vor der Halle auf dem Parkplatz stand, sich umschaute und meinte: «Ich dachte, Nürnberg sei nach dem Krieg wieder aufgebaut worden.» Die Halle selbst war auch keineswegs ideal. Die Situation am Einlass «war grauslig», meint Hänsel. Viel zu eng, so dass es ewig dauerte, bis alle Besucher in der Halle waren. Zudem waren die Decken eigentlich viel zu niedrig und der Boden rutschig, wenn jemand sein Bier verschüttet hatte. Der Sound war in einigen Bereichen des Zuschauerraums miserabel. «Heutzutage wäre das gar nicht mehr möglich», sagt Hänsel. Dennoch erreichte die Hemmerleinhalle Kultstatus, der manchen Mangel ausgeglichen hat. Die Bands schätzten die Möglichkeit im direkt angrenzenden Hotel zu wohnen.
Mit Manfred Mann fing es im Januar 1977 an. Metallica gaben hier ihr erstes Deutschlandkonzert, und Frank Zappa meinte im Juni 1980 sogar: «Das ist hier die hässlichste Halle, in der wir je gespielt haben, aber dafür seid ihr das beste Publikum.»
Dieses Publikum bestand zum großen Teil aus den damals noch zahlreich stationierten Amerikanern. Die waren auch in der Überzahl, beim schlimmsten Konzertabend, an den sich Hänsel noch erinnert. Van Halen und Black Sabbath standen auf dem Programm. Nach dem vierten Song verließ Ozzy Osbourne die Bühne mit dem Hinweis, er müsse mal kurz austreten. Die Band spielte zunächst weiter, aber er kam nicht zurück. Hänsel lief in die Garderoben, keine Spur von Ozzy Osbourne. Der war längst mit seiner Frau ins Hotel gefahren, weil er keine Lust mehr auf das Konzert hatte.
«Sex & Drugs & Rock’n’ Roll» – das hatte in den 80er Jahren noch Gültigkeit, erinnert sich Peter Harasim, Geschäftsführer beim Concertbüro Franken, der erst als Musikkritiker und später als Veranstalter die Halle kennengelernt hatte. «Da standen nach dem Konzert die halbnackten oder manchmal auch ganz nackten Groupies im Backstagebereich und warteten auf die Bands», erinnert er sich.
Jahrelang standen Hotel und Hemmerleinhalle leer. Seit kurzem ist wieder Leben eingekehrt. Die Halle hat ein Versandhandel für Friseurbedarf gemietet. Das Hotel wird momentan noch renoviert und soll demnächst als Garni Hotel wiedereröffnen. Bürgermeister Heinz Richter (FWG) freut sich über den Neuanfang. «Da wird sich mittelfristig viel bewegen», verspricht er. GEORG KLIETZ