Hexenjagd in Nürnbergs Untergrund
29.03.2010, 00:00 Uhr
Stefanie Miller ist am späten Sonntagvormittag nun bereits seit über 14 Stunden in den Felsengewölben. 34 Stunden hat sie noch vor sich. Ein Tisch, ein Stuhl, eine Pritsche. Mehr ist dort unten nicht. Ab und zu bringt ihr jemand Tee und Brot vorbei. Kerzen leuchten den Weg zu ihrem Verlies. Briefe liegen auf dem Tisch. Wasser tropft von den Wänden, es riecht modrig-feucht und muffig. Unwillkürlich ducken sich die Besucher, ziehen die Köpfe ein, setzen vorsichtig jeden Schritt. Die plötzlich einsetzenden Choral-Klänge verstärken das unheimliche Gefühl. In weiße Gewänder gehüllt und eine Kerze in Händen haltend erscheint Rebecca alias Stefanie Miller. Via akustischer Installation hören die Besucher die Originalbriefe, die die gepeinigte Frau im Verlies in Nördlingen schrieb.
Eindringliches Erlebnis
Die Performance in den Nürnberger Felsengängen wird zum eindringlichen Erlebnis. Denn die Besucher erfahren, wie sich die anfängliche Hoffnung dieser Frau, die für so viele andere steht, in Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung wandeln.
Performerin Miller überzeugt mit ihrer Körpersprache genauso wie mit ihrer Mimik und ihrem Blick. Der ist intensiv, sie sucht die direkte Verbindung zu den Besuchern, nicht mit Worten, sondern mit den Augen. »Das ist auch für mich bei jeder Besuchergruppe aufs Neue spannend und eine Herausforderung», sagt Miller. Manche halten dem Blick stand, andere schauen betreten auf den Boden. So wird der Zuschauer zum Akteur – und die Darstellerin zum Zuschauer.
Die Performance läuft heute noch bis 21 Uhr (letzter Einlass) jede halbe Stunde in den Felsengängen, Eingang: Bergstraße 19.