"Hier muss man nicht nur zuhören"
21.7.2019, 20:59 UhrEs sind viel mehr Besucher als im vergangenen Jahr!" Projektleiterin Magdalena Bauer lässt den Blick über die gut zu einem Drittel belegte Konzertwiese schweifen. Bunte Sonnenschirme, Kinder, Eltern und Großeltern auf Picknickdecken, die Klänge aus Leonard Bernsteins Ouvertüre zu "Candide" und über diesem Sommeridyll: Sonne satt, blauer Himmel und ein paar Wolkengetüme, die kaum jemand beachtet.
Noch immer strömen Jüngere wie Ältere auf die Wiese, schleppen Rucksäcke und ziehen Roll-Liegen hinter sich her – "Beeilung, die spielen schon", feuert ein Junge seine Familie an, während Livia (7), Anna (6) und Felix (13) längst da sind. Schließlich sitzt ihre Mutter im Orchester unter den ersten Geigen. "Ich bin stolz, dass Mama mitspielt", sagt Livia, die später auch unbedingt Geigerin im Orchester werden will.
Um sie her heben auf der Wiese jetzt alle die Arme und malen auf Anregung von Moderator Juri Tetzlaff Noten in die Luft. "Ich finde ihn etwas überdreht, zu sehr Kika, ein bisschen viel Stimmungsmache", beurteilt Felix den stark animativen Schwunggeber, der heute wie die Dirigentin sein Debüt im Luitpoldhain gibt. Joana Mallwitz am Pult findet Felix dagegen "super".
Begeisterte Stammgäste
Leo (12) sitzt mit ihren Geschwistern ein paar Decken weiter und sieht das mit dem Moderator ganz ähnlich. "Ich fand den Malte Arkona besser, der war etwas ruhiger." Ihrem Bruder Moritz (10) gefallen beide. Und Paula? Die Siebenjährige hört ganz genau zu: Sie hat einen Plüschraben aus der Schule dabei und muss aufschreiben, was er alles erlebt. Leo dagegen beobachtet im Orchester besonders die Streicher. Sie selbst spielt Bratsche.
"Mein Lehrer ist allerdings bei den Nürnberger Symphonikern. Die mögen wir lieber, weil sie coolere Musik machen und spannendere Konzerte." Klare Meinung. Mutter Eva Dorner zuckt lächelnd die Schultern. "Wir sind seit mindestens fünf Jahren bei den Klassik-Open-Air-Konzerten dabei." Auch heute Abend kommt die Familie wieder.
Stammgäste beim Familienkonzert sind auch Annett Steinert und Thomas Meissner mit ihren Söhnen. "Dieses Mitmachen und Interagieren, das macht einfach Spaß, es ist kein Frontalkonzert, man muss nicht nur zuhören", beschreibt Steinert die Anziehungskraft des Formats für Junge wie Ältere.
Gleich neben dem Zugangsweg zur Bühne sitzen Elisabeth Wacker und ihre Schwester Gabriele Hollederer. Beim Abendkonzert werden sie diesmal ein Päuschen einlegen, sind aber mit Wackers Tochter und Enkelin erstmals zum Familienkonzert gekommen. "Das Konzert war sehr schön, wenn auch eine ganz andere Atmosphäre herrscht als abends." Von der Dirigentin sind die Schwestern absolut angetan: "Wir haben sie kürzlich in der Meistersingerhalle beim ,War Requiem‘ erlebt und sind begeistert. Sie hat Musik im Blut und ist mit dem ganzen Körper dabei. Auch die Werkeinführungen macht sie fantastisch!"
Ähnlich empfinden das Gerd und Gisela Martens, die sich mit Tisch, Stühlen und Sonnenschirm auf der gelb-stoppeligen Wiese eingerichtet haben. "Frau Mallwitz habe ich heute zum ersten Mal gehört, sie macht einen großartigen Eindruck", schwärmt Gerd Martens. "Ihre dynamische Art, mit dem Orchester umzugehen und wie sie prägnante Impulse gibt . . . Zudem hat sie eine sympathische Art, es muss ja auch was rüberkommen", meint er. Klar, ist er vor zur Bühne gegangen, um einen genauen Eindruck zu bekommen.
Seit es das Klassik-Open-Air gibt, war das Paar fast immer im Publikum. "Bei den Symphonikern in zwei Wochen sind wir natürlich auch, denn beide Konzerte haben ja immer eine andere Struktur, eine andere Art der Interpretation. Und toll, dass die Sponsoren durchhalten!"
Das wollen sie auch und bis zum Beginn des Abendkonzerts in Europas größtem grünen Konzertsaal bleiben. Dann fallen die ersten Tropfen. Schwer und immer rascher. Regencapes fürs Rad haben sie dabei – "die können wir, den Stuhl inklusive, überziehen"! Echte Klassik-Open-Air-Fans sind eben für alle Eventualitäten gerüstet.
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