Hilfe per Knopfdruck: Hausnotruf verscheucht Einbrecher

16.10.2016, 06:00 Uhr
Hilfe per Knopfdruck: Hausnotruf verscheucht Einbrecher

© Roland Fengler

Es klingelt an der Türe, die ältere Frau öffnet. Im Treppenhaus steht ein unbekannter Mann. Der möchte etwas verkaufen, doch die Mieterin hat kein Interesse. Dann wird der angebliche Vertreter aufdringlich, schiebt sich näher heran und setzt seinen Fuß in die Tür. Die Frau bekommt es mit der Angst zu tun, es ist nicht klar, welche Absichten der Fremde hat. Dann fällt ihr das Armband mit Knopf ein, das sie seit kurzem trägt. Sie drückt den Knopf, aus der Notruf-Gegensprechanlage in ihrer Wohnung meldet sich jemand laut und deutlich: "Frau Meier, hier ist der ASB — brauchen Sie Hilfe?" Die Seniorin: "Bitte schicken Sie mir eine Streife!" Der Fremde zieht seinen Fuß zurück, die bedrängte Frau schließt ihre Türe.

Täter stand vor dem Bett

Seit 2012 bietet der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) den Hausnotruf an. Seitdem ist es drei Mal passiert, dass Senioren in Nürnberg per Hausnotruf dubiose Gestalten und Einbrecher vertreiben konnten, sagt ASB-Geschäftsführer Martin Amon.

Hilfe per Knopfdruck: Hausnotruf verscheucht Einbrecher

© Roland Fengler

Bundesweit finden sich solche Fälle häufiger. In Remscheid etwa wurde eine 90-Jährige von einem Einbrecher in der Nacht überrascht. Der Fremde stand neben ihr am Bett. Gerettet hat sie der Knopfdruck, der bei der Johanniter-Unfall-Hilfe Alarm auslöste. Der Mitarbeiter verständigte die Polizei und beruhigte die aufgeregte Frau. Der Täter machte sich aus dem Staub.

Beim Bayerischen Roten Kreuz in Nürnberg hat die Hausnotruf-Leitstelle auch schon Polizei oder Feuerwehr rufen müssen. Um Leben und Tod ging es, als etwa Feuer in der Wohnung einer Seniorin ausbrach. Die alte Frau konnte nicht ins Freie, weil sie sich eingesperrt und ihren Schlüssel verlegt hatte. "Sie drückte den Knopf am Arm", sagt Robert Schwarz von der Einsatzzentrale. "Sie schilderte ihre Lage und wir alarmierten die Feuerwehr." Die Einsatzkräfte rückten an und retteten die hilflose Frau.

Akute Atemnot

Dennoch: Einbrecher, dubiose Vertreter und Feuer sind die Ausnahme beim Hausnotruf. Der ist in erster Linie für Pflegefälle gedacht. Stürzt ein Teilnehmer und kann sich selbst nicht mehr aus der misslichen Lage befreien, kommt der Knopf zum Einsatz, den es als Hals- oder Armband gibt. Am häufigsten lösen Teilnehmer aus, wenn sie hinfallen. Aber auch bei akuter Atemnot, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei Über- und Unterzucker alarmieren sie. BRK, Malteser, ASB und Johanniter-Unfall-Hilfe bieten den Notfalldienst an. Marktführer ist das Rote Kreuz.

In Nürnberg sind rund 1900 Kunden an das Notrufnetz des BRK angeschlossen, davon sind 79 Prozent weibliche und 19 Prozent männlich Teilnehmer und zwei Prozent Familien. Insgesamt nutzen es 40.000 Haushalte in Bayern.

Im zweiten Stock an der Sulzbacher Straße laufen die Drähte zusammen, hier ist das Herzstück, die Einsatzzentrale für den Bereich Ober- und Mittelfranken. Sie ist die zweitgrößte des Roten Kreuzes im Freistaat. Rund um die Uhr nehmen Mitarbeiter wie Robert Schwarz an sechs Plätzen Notrufe entgegen. Das System gibt es beim BRK seit 1984, die Nachfrage steigt und steigt. "Das hängt auch mit dem Wunsch älterer Menschen zusammen, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben", so Bereichsleiter Dieter Goller.

Hilfe per Knopfdruck: Hausnotruf verscheucht Einbrecher

© Roland Fengler

Ein Großteil der Kunden hat hier einen Schlüssel für das Haus oder die Wohnung hinterlegt. In einem Metallschrank werden diese aufbewahrt, jeder Einzelne ist verplombt und mit einem Anhänger versehen. Auf dem steht ein Code, der für einen Kunden steht. Drückt ein Teilnehmer den Knopf und liegt hilflos in seiner Wohnung, rückt der Bereitschaftsdienst oder — im akuten Fall — sogar der Rettungsdienst mit dem Schlüssel aus. "Jeder Einsatz wird sauber dokumentiert", sagt Goller.

Doch welche Voraussetzungen müssen für eine Teilnahme am Hausnotruf erfüllt sein? Vor allem an alleinstehende und ältere Menschen richtet sich das Angebot, um im Notfall nicht von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Beim BRK kostet das Komplettpaket monatlich 35 Euro plus einmalig 40 Euro. Ab Pflegestufe null haben Interessenten Anspruch auf einen monatlichen Zuschuss von der Pflegekasse in Höhe von 18,36 Euro.

Oft fragen Teilnehmer, die sich einen Hausnotruf installieren lassen, ob denn die Einsatzzentrale auch die Wohnung abhören könne. Dieter Goller: "Nein, das funktioniert nicht. Das dürfen wir auch gar nicht. Nur wenn der Kunde auf den Knopf drückt, fragen wir über den Lautsprecher, ob er Hilfe braucht."

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