Sanierung dauert an
Im Dornröschenschlaf? Das passiert im Marientorzwinger Nürnberg - und so steht es um Gastronomie
27.1.2025, 05:00 UhrFrüher tobte hier das Leben, es wurde gegessen, getrunken und gefeiert. Idyllisch und voller historischem Charme an der Stadtmauer gelegen und gerade mit seinem Biergarten im Sommer war der "Marientorzwinger" in der Lorenzer Straße 33 eine gute Adresse zum Ausgehen in Nürnberg, zum Essen und zum Trinken.
Dann war Schluss. Erst verabschiedete sich nach über 20 Jahren die angesagte "Zwinger Bar" im Erdgeschoss, in die man auch gerne zum Tanzen ging, wenn lokale DJs auflegten. Dann schloss im November 2018 nach einigen Pächterwechseln der gastronomische Betrieb im ersten Stock. Nur noch das Café Deuerlein hielt bis zum Schluss die Stellung, aber auch das verabschiedete sich schließlich Ende 2022 und eröffnete am Prinzregentenufer wieder.
"Am Marientorzwinger besteht Sanierungsbedarf. So kam es im Jahr 2016 aufgrund von herausgefallenen großen Sandsteinen aus der nördlichen Zwingermauer am Marientor Ecke Katharinengasse zu einer Sperrung dieses Stadtmauerabschnittes", führt die Stadt Nürnberg auf ihrer Webseite an. Die notwendigen Sanierungsarbeiten hätten die Möglichkeit geschaffen, einen neuen Nutzungs- und Gestaltungsentwurf für diesen Ort zu entwickeln. So werde die Sanierung der Mauerabschnitte durch die Neuanlage und Aufwertung von Grünflächen kombiniert, heißt es dort weiter. Umfassende Sanierungsarbeiten sind erfolgt und laufen noch, teilt die Stadt Nürnberg auf Anfrage der Redaktion "nordbayern.de" mit.
Zwischen Innerer Grabenmauer und Wehrmauer entsteht eine Aufenthaltsfläche mit einem neuen Zwischenplateau, die voraussichtlich bis Mitte 2025 weitestgehend fertiggestellt sein wird. Der Stadtmauerturm Marientormauer 15, der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde, wird "in moderner Formensprache und um Rahmen der historischen Abmessungen wieder errichtet", so die Sprecherin der Stadt weiter. Die angrenzenden Grünflächen hat der Servicebetrieb Öffentlicher Raum Nürnberg aufgewertet.
"Geschichte für Alle" zieht in neu aufgebauten Turm
Der Bereich soll künftig auch der Wissensvermittlung dienen: Der Verein "Geschichte für Alle" wird im wiederaufgebauten Turm als Mieter die Geschichte der Nürnberger Stadtmauer erlebbar machen. Eine neue Treppe verbindet das untere Plateau mit dem Turm und dem zukünftigen Biergarten der Zwingergaststätte, dem ehemals bei Nürnberger Nachtschwärmern oder Kulinarik-Fans so beliebten "Marientorzwinger".
Die Fläche unterhalb des Zwingers entlang der Katharinengasse wird zu einem öffentlichen Platz mit einem Straßenbelag umgestaltet, der den früheren Verlauf der Stadtmauer sichtbar macht. Ergänzend habe man die westlich angrenzende Grünfläche mit neuen Bäumen, Staudenbeeten und Sitzgelegenheiten neugestaltet.
Das Projekt wird mit 2,8 Millionen Euro aus dem Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm "Sozialer Zusammenhalt" sowie dem bayerischen Sonderfonds "Innenstädte beleben" gefördert und "schafft neue Erholungs- und Begegnungsräume für die Bevölkerung", bekundet die Stadt. Und die Stadt brauchte auch Partner vor Ort, die die Sanierung finanziell mitstemmen konnten.
Wie geht es mit der Gastronomie im Marientorzwinger weiter?
Die Stadt Nürnberg hat für die Immobilie Lorenzer Straße 33, die die ehemalige Gaststätte Marientorzwinger beinhaltet, im April 2023 ein Erbbaurecht zugunsten der Objektgesellschaft "Nürnberg Marientorgraben GmbH & Co. KG" bestellt.
Der Erbbaurechtsnehmer gehört zur "terraplan"-Gruppe, einem Familienunternehmen mit Sitz in Nürnberg, das sich auf die Sanierung von Baudenkmälern spezialisiert hat. Binnen fünf Jahren - bis April 2028 - soll die Sanierung des Anwesens und eine Wiederinbetriebnahme der Gastronomie erfolgen, teilt die Stadt wiederum auf Nachfrage der Redaktion mit. "terraplan" tritt dabei als Bauherr auf und übernimmt die Sanierung. Die Räumlichkeiten sollen vermietet werden, im Erd- und im Obergeschoß sollen Gastronomen wieder den Betrieb aufnehmen. "Das Genehmigungsverfahren ist bis heute leider noch immer nicht abgeschlossen. Wir hoffen jetzt im Februar auf Baugenehmigung", berichtet Erik Roßnagel, Geschäftsführer von "terraplan" auf Nachfrage von "nordbayern.de". "terraplan" hat am 7. November 2023 Bauantrag für die Sanierung und Erweiterung des Marientorzwingers eingereicht, die denkmalpflegerische Abstimmung ist bereits erfolgt.
Was ist aus der zwischenzeitlichen Nutzung geworden?
Kurzer Rückblick: Lange war die gastronomische Nutzung brachgelegen. Im Juni 2023 wurden zwei umtriebige Nürnberger Gastronomen als die Neuen am Platz angeführt - zumindest für die Zwischennutzung: Christian Wagner (unter anderem Zeit & Raum, Rote Bar, Wurstdurst und Gasthaus Pillhofer) und Evangelos Koliousis (Hinz & Kunz) wollten den "Marientorzwinger" wieder beleben und dabei auf das alte Erfolgsmodell setzen: Gastronomie mit Bar, Café und Restaurant mit Biergarten. Im Winter 2023 erfolgte ihre Interim-Bespielung der ehemaligen Biergarten-Fläche mitten in der Stadtmauer - ein winterliches Glühdorf versorgte die Gäste mit Speisen und (Glühwein-) Ausschank. Im Erdgeschoss, in den Räumen der ehemaligen, kultigen "Zwingerbar" wurde währenddessen gewerkelt - die Zeichen standen auf Neustart.
Doch: "Die Zusammenarbeit zwischen den Herren und uns als Bauherr beruhte auf einer mündlichen Abrede", so Roßnagel. "Unter anderem die lange Zeitdauer des Genehmigungsverfahrens hat bei Christian Wagner und Evangelos Kouliosis zu einer Veränderung deren Interessenlage geführt", sagt er weiter. Da irgendwann im Laufe des vergangenen Jahres nicht mehr absehbar gewesen sei, wann es tatsächlich mit dem Bau am Zwinger losgehen und wann der Bau dann betriebsbereit sein kann, "haben beide sich neu orientiert", so Erik Roßnagel.
Bald soll die Baugenehmigung folgen
Als Neubauteil ist "lediglich" der Anbau eines Wintergartens beantragt, berichtet Erik Roßnagel weiter. "Durch den Anbau eines Wintergartens soll der Restaurantbereich auf rund 200 Sitzplätze erweitert und die Funktionalität von Service und Küche durch Umgruppierung und Vergrößerung optimiert werden", heißt es dazu von städtischer Seite. Ansonsten solle "nur" umgebaut und saniert werden, sagt Roßnagel. "Dafür mehr als ein Jahr Genehmigungszeitraum - zuzüglich Vorabstimmungszeit, insbesondere mit dem Denkmalschutz - ist sehr lang", ordnet er ein.
Nach Erteilung der Baugenehmigung werde "terraplan" als Erstes die Entrümpelung und den nicht-statischen Abbruch vornehmen. "Ziel ist es, wirklich genau zu sehen, wo in welchem Umfang saniert werden muss", erklärt Roßnagel. "Parallel gehen wir auf die Suche nach einem oder mehreren, neuen Betreibern. Wir würden uns wünschen, dass man uns und die Architekten bei der Planung begleitet, damit es so wird, dass der Gastronom gut im Zwinger arbeiten kann und dann den Pachtbetrieb übernehmen."
Man könne das Gebäude vollständig als einen Pachtbetrieb sehen und betreiben, sagt der "terraplan"-Geschäftsführer. Alternativ könnten auch entweder Restaurant und Garten oder im Erdgeschoss links das bisherige Café oder im Erdgeschoss rechts zusammen mit dem Souterrain geplant als Bar und Club, jeweils getrennt betrieben und gepachtet werden. "Da richten wir uns nach den Wünschen des/der zukünftigen Gastronomen. Mit ersten, neuen Interessenten haben wir bereits Kontakt aufgenommen", erläutert er zum Stand der Dinge. Die Stadt führt auch Geschäftstreibende ins Feld.
Dabei profitieren sie auch von einem Projekt der Stadt: Denn die saniert am nördlichen Teil des "Marientorzwinger" die denkmalgeschützte Stadtmauer und legt auch einen "Pocket Park" an: einen öffentlichen Park mit drei Terrassen und 28 neuen Bäumen - und über eine Treppe wird man in den Biergarten gelangen.