Im „Walking Bus“ zur Schule
24.06.2015, 21:02 UhrIn manchen Städten ist er ein beliebtes Fortbewegungsmittel: der „Walking Bus“. Ein gehender Bus? Ja. Dafür gibt es nicht nur ein englisches, sondern auch ein französisches Wort: Pédibus. In Frankreich, der Schweiz und in Großbritannien hat die umweltfreundliche und vor allem sichere Methode, Kinder zur Schule zu bringen, schon Karriere gemacht.
Das Projekt funktioniert so: Die Eltern legen eine feste Strecke zur Schule fest, außerdem die Haltestellen (Treffpunkte) und den Fahrplan. Wer sein Kind für den „Walking Bus“ angemeldet hat, begleitet den Tross im Wechsel mit anderen Müttern und Vätern. Nach Möglichkeit sollten immer zwei Erwachsene dabei sein. Die Kinder, die an der Route wohnen, werden an den Haltestellen abgeholt. Wenn die Schule aus ist, rollt der Bus zurück. Unverzichtbar ist, dass alle Beteiligten zuverlässig mitmachen. Die Kinder werden zudem mit Warnkleidung ausgestattet, zwei von ihnen laufen vorneweg, zwei gehen am Ende der Gruppe. Damit sollen sie auch lernen, Verantwortung zu übernehmen.
In Deutschland sind vor allem in Nordrhein-Westfalen wandernde Busse auf Achse. Sehr engagiert bei dem Thema ist die Stadt Paderborn. Dort wurde das Projekt von der Universität ins Leben gerufen. Die Grundschule Josef macht seit elf Jahren mit. Täglich gehen rund 60 bis 80 Kinder begleitet von Erwachsenen zu Fuß zum Unterricht. Es gibt zwei Linien, einen Bus für Frühaufsteher, der um 7.15 Uhr startet, und einen Langschläferbus, der um 7.31 Uhr losfährt. „Der Walking Bus eignet sich gut für die Kinder der 1. und 2. Klasse“, sagt Margot Gau, die stellvertretende Leiterin der Grundschule Josef, die von 360 Kindern besucht wird. „Später wollen sie nicht mehr in der Gruppe gehen.“
Auch an der Hermann-Gmeiner-Schule in Mönchengladbach rollen die Kinder gemeinsam zum Unterricht an. Und sie haben viel Spaß daran. Drei Linien habe es zum Start des Projekts vor vier Jahren gegeben, sagt Silvia Heppner, die im Schulsekretariat arbeitet. „Es hat super geklappt. Mittlerweile kommen uns aber nach und nach die Eltern abhanden, die mitmachen.“ Von der Polizei wird das Projekt nach wie vor intensiv begleitet, sie schult etwa die Erwachsenen, die im Bus „mitfahren“. Falls sich in Nürnberg Eltern finden, die gemeinsam mit ihren Kindern einen „Pédibus“ auf die Reise schicken wollen, will ihnen die Stadtverwaltung unterstützend zur Seite stehen. Dazu gehöre, so heißt es in den Unterlagen für die Stadträte im Schulausschuss, die Klärung konkreter ehrenamtlicher Beteiligungsformen sowie deren rechtliche Absicherung.
Gespräche will die Verwaltung außerdem mit dem Nürnberger Elternverband führen. „Ziel ist, das Engagement der Eltern zu stärken, die Schulwegsicherheit ihrer Kinder zu verbessern.“ Es solle ihnen zudem vermittelt werden, dass sie ihren und anderen Kindern eher schaden, wenn sie für den Schulweg das Kraftfahrzeug nutzen. Grundsätzlich beurteilt auch die Nürnberger Polizei das Thema „Walking Bus“ positiv. „Es ist alles gut, was zur Sicherheit der Schulkinder beiträgt“, sagt deren Sprecher Peter Schnellinger. Er weist allerdings auf einen wesentlichen Aspekt hin: Es kommt auf das Engagement der Eltern an. Es müssen sich genügend Freiwillige finden, die sich an dem Projekt beteiligen. „Wir haben ja jetzt schon ein Problem, Schulweghelfer zu finden.“
Das System stehe und falle mit dem Engagement der Eltern, sagt auch Margot Gau aus Paderborn. „Ein Selbstläufer ist es nicht.“ Auch wenn an ihrer Einrichtung das Modell „Walking Bus“ gut funktioniert, fahren immer noch zu viele Erwachsene ihre Kinder mit dem Auto zum Unterricht. „Deshalb machen wir regelmäßig Aktionstage unter dem Motto „allein zu Fuß zur Schule“.
Laut der Statistik des Polizeipräsidiums Mittelfranken ist die Zahl der Schulwegunfälle in Nürnberg in denvergangenen fünf Jahren relativ konstant geblieben. Todesopfer waren nicht zu beklagen, doch die Verletzungen seien gravierender geworden. 2014 wurden vier Kinder auf dem Weg zur Schule im Straßenverkehr schwer verletzt, 21 leicht.
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