Inklusion? Barrieren für Nürnberger Schüler mit Handicap

Ute Möller

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18.7.2017, 06:00 Uhr
Nicht mal alle Profilschulen in Nürnberg sind barrierefrei und haben die nötigen Nebenräume.

© dpa/Uwe Anspach Nicht mal alle Profilschulen in Nürnberg sind barrierefrei und haben die nötigen Nebenräume.

Nur vier öffentliche Grundschulen tragen in Nürnberg das Schulprofil "Inklusion". Eine Mittelschule und zwei Realschulen unterrichten Kinder mit und ohne Handicap gemeinsam — unterstützt durch Sonderpädagogen. Noch liegt vieles im Argen. Noch nicht einmal die wenigen Nürnberger Schulen mit dem Profil Inklusion sind alle barrierefrei. Sie sind in alten Gebäuden oder wie die Geschwister-Scholl-Realschule in einem früheren Industriegebäude untergebracht, Umbauten sind kompliziert. Oder ganz ausgeschlossen.

Wie es möglich ist, dass Schulen mit der Unterstützung des Kultusministeriums zur Profilschule Inklusion werden, ohne barrierefrei zu sein, erklärt Gsell mit fehlenden Absprachen. Bis vor zwei Jahren sei die Stadt als Sachaufwandsträger nicht gefragt worden, ob es an einer Schule einen Aufzug gibt oder zusätzliche Gruppenräume. Zum Glück habe sich das geändert.

Veränderungen seien Zukunftsmusik

Wichtig für das Gelingen eines gemeinsamen Unterrichts aller Kinder sei aber nicht nur die Barrierefreiheit, sagt Gsell. Es brauche auch Platz für differenzierten Unterricht und Nebenräume für Pflegemaßnahmen. Die Fördermodalitäten seien besser geworden. Lange habe man darüber mit dem Kultusministerium gerungen. "Die Kooperation von Förderzentren und Regelschulen wird die nächsten Jahre bestimmen", sagt Gsell. 

Institutionelle Veränderungen seien Zukunftsmusik. Die Debatte über das Recht auf Inklusion ist seit Jahren auch bestimmt von der Sorge der sonderpädagogischen Förderzentren, dass der gemeinsame Unterricht aller Kinder sie letztlich überflüssig machen könnte. Davon wollten im Schulausschuss weder die Verwaltung, noch die Vertreter der Fraktionen etwas wissen.

"Brauchen Kompetenz an Förderschulen"

"Wir brauchen die Kompetenz der Förderschulen", sagte CSU-Stadträtin Barbara Regitz. Es könne jedoch durchaus das langfristige Ziel sein, "dass alle Schularten intensiver zusammenarbeiten und ein inklusives Schulsystem bilden", ergänzte Grünen-Stadträtin Elke Leo. Und der Schulreferent wollte ihr da nicht widersprechen. 

Der körperbehinderte SPD-Stadtrat Fabian Meissner, der sich als Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Bayern Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen für eine inklusive Gesellschaft einsetzt, kann sich mit diesem langsamen Tempo gut anfreunden. Obgleich es für Familien mit behinderten Kindern im Schulalltag viele Barrieren gebe und einige an diesen "auch kaputtgehen", sei eine schrittweise Veränderung, die das Wissen aller Akteure einbezieht, sinnvoll.

"Wir haben lange die Kinder getrennt unterrichtet, da kann es mit der Inklusion nicht schnell gehen", sagte FDP-Stadträtin Christiane Albert-Ernst. Dennoch fehle ihr ein Zeitplan. "Betroffene Familien könnten da ein leises Unbehagen haben."

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