Jüdische Gemeinde will neuen Begegnungsort in Nürnberg

4.12.2020, 05:57 Uhr
Jüdische Gemeinde will neuen Begegnungsort in Nürnberg

© Stefan Hippel/NNZ

Vorerst ist es nur ein Vorschlag, eine Idee. Jüdische Mitbürger haben viel in ihrer Heimatstadt geleistet - als Fabrikanten, Juristen, Ärzte oder Hopfenhändler - und als Mäzene. Mit Hilfe von moderner Museumspädagogik könnte man bedeutenden Persönlichkeiten mit Videos, Hörstationen und Texten vorstellen.

Mit der Heimatstadt beschäftigen

Doch deckt nicht das Jüdische Museum in Fürth die Geschichte des fränkischen Judentums umfassend ab? " Seit wann muss ein Nürnberger nach Fürth gehen, um etwas über Nürnberger Juden zu erfahren?", fragt Hamburger zurück. Für ihn ist die jüdische Geschichte Nürnbergs ein Thema, mit dem sich seine Heimatstadt beschäftigen sollte.


Chef der Kultusgemeinde will Zentrum für Nürnbergs jüdische Geschichte


Er steht mit dieser Meinung nicht allein, etliche Unterstützer setzen sich dafür ein. Auch Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle sieht kein Problem: "Das beißt sich mit dem Fürther Museum überhaupt nicht. Um Nürnberg herum befasst sich eine Kette von Gemeinden wie beispielsweise Schnaittach oder Schwabach mit dem jüdischen Leben. Es kann gar nicht genug derartige Erinnerungsorte geben, ich halte den Grundgedanken unterstützenswert."

Nur Anstoßgeber, kein Projektmanager

Allerdings stellt sich die Frage, wer das ambitionierte Vorhaben angehen könne. Hamburger sieht sich lediglich als Anstoßgeber, aber nicht als Projektmanager. Umsetzen müssten die Idee andere, beispielsweise Fachleute aus dem Kulturbereich, meint er.

Im nächsten Jahr soll es bundesweit Veranstaltungen zu "1700 Jahre jüdischem Leben in Deutschland" geben. Auch das Nürnberger Stadtmuseum Fembohaus will dieses stärker in der Dauerausstellung zu verankern.

Jüdische Gemeinde will neuen Begegnungsort in Nürnberg

© Stefan Hippel/NNZ

So werden Exponate mit entsprechendem Bezug deutlicher herausgestellt - wie ein Bild des bekannten, jüdischen Malers Max Liebermann, das Nürnberg in der Weimarer Republik angeschafft hatte. Oder die Pickertsche Küche sowie Skulpturen dieses jüdischen Sammlers und Mäzens. Oder auch das Stadtmodell aus den späten 1930er Jahren, das anstatt der jüdischen Hauptsynagoge an der Pegnitz nur eine große Leerstelle zeigt: Die Nationalsozialisten hatten das Gotteshaus damals bereits zerstört.

Jüdisches Leben sichtbarer machen

"Die Erzählung über jüdische Bürger als Bürger Nürnbergs orientiert sich unmittelbar an unseren Ausstellungsstücken", sagt Evelyn Reitz, Leiterin des Fembohauses. Sie will sich mit der IKGN absprechen, wie man darüber hinaus Zeugnisse jüdischen Lebens im Stadtgebiet sichtbarer machen kann.

Hamburger sind allerdings vereinzelte Schilder oder Tafeln zur Erklärung zu wenig. Ihm schwebt ein zentraler Begegnungsort vor. Ziel ist, Antisemitismus entgegenzuwirken sowie Hass und Vorurteile durch Aufklärung zu bekämpfen. "Es ist eine Schande, dass Nürnberg so etwas bis heute nicht hat", merkt er an.

Die Stadt habe 2003 ein Konzept erarbeitet, erinnert sich Hamburger. Doch es sei in der Schublade geblieben. "Wir Juden waren immer Teil dieses Landes", meint der IKGN-Vorsitzende, diese Kontinuität wolle man trotz aller Pogrome, Verfolgungen und Vernichtungen zeigen.

Was ist jüdisches Leben heute?

Der Begegnungsort solle auch das gegenwärtige jüdische Leben in Nürnberg widerspiegeln: Wie feiern Kinder Chanukka? Was ist das Purimsfest? Warum sind die zehn Gebote für die Gläubigen so wichtig? Was ist jüdische Ethik? Diese Fragen beantwortet die IKGN ihren Besuchern, dies könnte auch Bestandteil einer neuen Begegnungsstätte sein. Im Jahr 2019 waren rund 60 Schulklassen oder Gruppen von Polizei und Justiz in der Synagoge und dem Gemeindezentrum im Stadtteil Herrnhütte zu Gast. Derzeit sind Besuche coronabedingt aber nicht möglich.

Hamburger hat auch eine Idee, wo sich die Begegnungsstätte oder der Erinnerungsort befinden könnte: Das Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule in der Gostenhofer Oberen Kanalstraße würde sich anbieten. Vor längerer Zeit habe es grundsätzliche Gespräche mit der Eigentümerin der Immobilie gegeben, sie habe damals Interesse signalisiert, so der IKGN-Chef..

Emotionales Bekenntnis gefordert

Ein derartiges Vorhaben muss natürlich finanziert werden. Doch das ist für den 66-Jährigen nicht die erste Frage: "Das Geld bekommen wir zusammen, es gibt Stiftungen, Landesmittel, überregionale Einrichtungen. Als erstes geht es um ein Konzept und vor allem um ein emotionales Bekenntnis zu dem Vorhaben."

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