Kampf gegen Homophobie: Liebe, die nicht anders ist
29.7.2014, 06:56 UhrGroße Hoffnungen — die hatten viele Homosexuelle und LSBTI-Aktivisten auf die Große Koalition gesetzt (LSBTI steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transidente und intersexuelle Menschen). Doch groß ist nur die Enttäuschung: „Uns erwartet wieder politischer Stillstand“, sagt Dieter Barth, Vorsitzender des Nürnberger Fördervereins CSD. Anlass zur Hoffnung gebe nur das Bundesverfassungsgericht, das mit seinen Entscheidungen, zum Beispiel zum Ehegattensplitting, die Politik immer wieder zum Handeln zwinge.
Auch deshalb hat der diesjährige CSD in Nürnberg ein Motto, das darauf hinweist, dass Liebe hierzulande nicht immer gleich behandelt wird. Allerdings sagt Barth auch: „Rechtlich haben wir in Deutschland schon viel erreicht.“
In den Köpfen ist die Gleichberechtigung dennoch nicht überall angekommen, Nürnberg ist keine Ausnahme. Barth berichtet zum Beispiel über negative Reaktionen aus der Bevölkerung, als im vergangenen Jahr mit Kasha Jacqueline Nabagesera eine lesbische Aktivistin aus Uganda den Menschenrechts-Preis erhielt. „Wir sind sehr stolz, dass Nürnberg ihr den Preis verliehen hat“, sagt Barth.
Kultur ohne Diskriminierung
Doch auf öffentliche Anerkennung der Rechte von Schwulen und Lesben, zum Beispiel auch nach dem Coming-out des Ex-Fußballnationalspielers Thomas Hitzlsperger, reagiert ein Teil der Gesellschaft zunehmend mit Homophobie. „Das sind Leute, die nicht damit zurechtkommen, dass wir rechtlich immer mehr gleichgestellt sind“, sagt Barth.
Dagegen wendet sich das „Bündnis gegen Trans- und Homophobie“, das gestern ins Leben gerufen wurde. Gründungsmitglieder sind unter anderem die Stadtratsfraktion der Grünen und das Filmfestival für Menschenrechte. Der Mitinitiator und Geschäftsführer des schwul-lesbischen Zentrums Fliederlich, Michael Glas, hofft, dass der Allianz Unternehmen, Fraktionen, Kommunen und Vereine beitreten werden. Sie richte sich nämlich ausdrücklich auch an „die heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft“, damit „ein breites Bündnis“ zustande komme.
Die Mitglieder verpflichten sich, für eine Kultur zu sorgen, in der für Diskriminierung und Respektlosigkeit kein Platz ist. Das beginnt bei Zivilcourage im Alltag — etwa, wenn Kollegen einen homophoben Witz erzählen — und geht weiter zur Sensibilisierung von Medien und Politik, aber auch von Sportvereinen und Schulen, wo auf vielen Pausenhöfen „schwul“ noch wie selbstverständlich als Schimpfwort genutzt wird.
Auch der Christopher Street Day will ein Zeichen gegen Homophobie setzen. Der Demonstrationszug führt am Samstag, 2. August, ab 12.30 Uhr vom Berliner- zum Jakobsplatz. Dort findet ab 13 Uhr das große Straßenfest statt, der Tag endet mit einer Abendparty im „Hirsch“ (ab 22 Uhr). Rund um den CSD gibt es zudem eine Vielzahl weiterer Veranstaltungen wie Vorträge oder eine Stadtführung zum Thema „Homosexuelle unterm Hakenkreuz“.
In diesem Jahr fällt der Christopher Street Day wieder mit dem Bardentreffen zusammen, die Veranstalter hoffen deshalb auf mehr Teilnehmer als im Vorjahr, wo den ganzen Tag über 10.000 Menschen das Straßenfest besuchten. Erstmals wird übrigens nicht nur am Nürnberger Rathaus die Regenbogenflagge wehen, auch am Künstlerhaus, am Staatstheater und am Gewerkschaftshaus wird am CSD-Wochenende die bunte Fahne gehisst.
Mehr Informationen über das Programm des CSD unter www.csd-nuernberg.de
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