Kneipe und Späti in einem

KBH: Kneipe mit einzigartigem Konzept und Wohnzimmerflair eröffnet in Nürnberg

Jonas Werling

E-Mail zur Autorenseite

04.03.2025, 15:03 Uhr
Julia Hirschmann und Paul Specht haben in ihrer neuen Imbiss-Kneipe "KBH" ganz schön aufgetischt. Wie immer mit dabei: Hund Lotti.

© Jonas Werling/VNP Julia Hirschmann und Paul Specht haben in ihrer neuen Imbiss-Kneipe "KBH" ganz schön aufgetischt. Wie immer mit dabei: Hund Lotti.

Die kleine Hündin Lotti bellt beim Eintreten in die Gaststube des recht unscheinbaren Hauses in der Johannisstraße 83. Das wird sie an diesem Abend noch öfter tun, auch wenn sich ihre Besitzer bemühen, sie immer besser auf die vielen verschiedenen Gäste ihrer neuen Kneipe vorzubereiten. Julia Hirschmann schickt Lotti wieder auf ihren Platz und beruhigt sie.

Neben der neuen, selbst-renovierten Theke stehen im Innenraum zwei große Kühlschränke mit – und hier beginnt das besondere Konzept – Selbstbedienungs-Gebot. Denn die Kneipe mit den drei Buchstaben ist nicht nur eine Kneipe, sondern vereint auch Eigenschaften eines Imbisses, eines Spätis und im Sommer auch eines Biergartens in sich.

Aktuell kommt das Späti-Feeling vor allem daher, dass die KBH brauereifrei ist und damit eine große Bierauswahl anbieten kann. Zukünftig sollen aber noch mehr Waren in den Verkauf kommen, damit "das hier im Grunde ein Späti zu Drinsitzen wird", erklärt der zweite Teil des Inhaber-Gespanns, Paul Specht, das Konzept.

Die "Kumpanei für Bier und Hedonismus", kurz KBH, sollte ursprünglich eigentlich mal "Kaffee- und Bierhalle" heißen, aber nachdem der zufällige ImmoScout-Fund in der Johannisstraße wenig "Hallenfeeling" versprühe, habe sich das Pärchen eben eine neue Bedeutung für die drei Buchstaben überlegt – die waren nämlich gesetzt.

Dem "Bier"-Part des eigenen Namen werden sie durch ihr breites Angebot sicher gerecht, für den "Hedonismus"-Teil experimentieren die Beiden gerne. "Auf lange Sicht würden wir gerne so etwas wie ein Community-Center hier in der Gegend sein", beschreibt der 34-Jährige ihr Ziel. In Umsetzung und Planung befinden sich schon viele kleine Events: Kleidertausch-Partys, Live-Ebay und im Sommer Konzerte im Biergarten. Das hier soll das sein, "was wir sonst oft vermissen", fügt Hirschmann hinzu.

Seit der Eröffnung Mitte Januar gebe es eine "sehr gute Rezeption", so Specht. Unter der Woche sei es ruhig – an den Wochenenden aber fast immer voll – und das Feedback der Gäste sei voll umfassend "sehr sweet". Mitarbeitende haben die Zwei bis jetzt noch nicht – momentan gilt noch: "Ich bin Chef und Oberchefin ist natürlich Julia", so Specht lachend. Sobald sie mehr Planungssicherheit und Erfahrung haben, wollen sie aber auch ein paar Menschen einstellen. Bis jetzt funktioniere die Zusammenarbeit des Pärchens "super gut". Gemeinsame Freizeit und gemeinsame Arbeit seien natürlich nochmal etwas anderes, aber sie fühlen sich "absolut auf einer Wellenlänge", da sind sich beide einig.

Neben den strategisch im Selbstbedienungskühlschrank platzierten Getränken, bietet der studierte Philosoph und Technik-Journalist auch einige Snacks und Gerichte an. Auf der Karte stehen unter anderem Flatbreads mit unterschiedlichem Belag, Nachos und – das ist dem ehemaligen Berliner heilig – Currywurst mit Pommes, die es natürlich auch in Vegan gibt. Imbiss-Essen, "aber in hochwertig", sei schon immer "reizvoll" für sie gewesen, mindestens genauso wichtig ist ihnen aber auch, dass die Preise sozialverträglich gestaltet sind. Eine "Currywurst mit Fritten" gibt es für 8,50 Euro, die Flatbreads kosten zwischen 10 Euro und 13 Euro, das Bier bekommt man hier für 3,50 Euro.

Beide haben Gastro-Erfahrung, allerdings selbstständig und für alles verantwortlich zu sein, "ist natürlich nochmal neu". Weiter referiert Specht, der lange im Palais Schaumburg und im Frida Kahlo gearbeitet hat, dass er momentan noch jeden Tag einkaufen gehe, "das ist noch nicht perfekt geplant", resümiert er. Seine 31-jährige Freundin und Geschäftspartnerin ist erst seit kurzem "Fulltime in der Gastro" davor arbeitete sie in einer Sparkasse und bei Versicherungen, allerdings auch schon seit 14 Jahren mit Nebenjobs im Service.

Spechts Blick fällt auf ein Album-Cover des amerikanischen Rappers Action Bronson, seine Musik läuft schon das ganze Interview über im Hintergrund. Der Musiker und Koch sei eine große Inspiration für Paul Specht gewesen. In seiner Koch-Show "Fuck That‘s Delicious" zeigt Bronson seine Leidenschaft zu Gerichten und der Handwerkskunst, die mit dem Kochen einhergeht. Die Inspiration ist durchaus sichtbar: Auch im KBH ist der Hefe-Jogurt-Teig für die Flatbreads natürlich selbstgemacht. Genauso wie die Pflaumen-Curry-Sauce für seine Currywurst, oder fast alles andere, das auf der Karte steht.

Tribut zollen statt "rumgentrifizieren"

Über 25 Jahre lang wurde das türkische Restaurant AllaTurca zu einer Institution in Johannis. Selbst während der Renovierung seien immer wieder Passanten hereingekommen und hätten sich nach dem Lokal erkundigt. "Ich möchte nicht, dass es so wirkt, als würden hier deutsche junge Leute hereinkommen und ,rumgentrifizieren‘", beschreibt der Gastronom seine Gedanken. Sie wollen "ein bisschen die türkische Küche konservieren", ohne, "dass es auf Krampf und unauthentisch ist". Trotz des wohlverdienten Ruhestands des Vorbesitzers "soll die Geschichte nicht komplett verloren gehen".

Neben dem "Drippin‘ Oxtail Flatbread", das mit gekochtem Ochsenschwanz belegt ist, - das eine Hommage an die türkische Küche ist -, serviert das Paar geröstete Maiskörner als Snack und neben den fränkischen Biersorten steht auch Ayran hinter der Glastür des Kühlschranks. Außerdem seien sie gerade im Austausch, um eine Vorspeisenplatte mit Rezepten des ehemaligen Pächters mit dem neuen, eigenen Flatbread des KBH zu kombinieren. Eine Symbiose zweier Generationen.

Inzwischen sind mehrere Freunde des jungen Gastro-Paars vorbeigekommen und bespaßen Lotti. Es wird langsam Abend, die Gaststube füllt sich. Nachdem man sich durch die drei Flurtüren wieder nach draußen gekämpft hat, wirkt die Kneipe immer noch recht unscheinbar. Neben dem Leuchtschild an der Fassade verrät nur das leise Kläffen, das aus dem Hauseingang dringt, welche Welt hinter den unscheinbaren Hauswänden liegt.

Verwandte Themen


Keine Kommentare