Kik öffnet Läden, Polizei schließt sie: Das steckt dahinter
9.4.2021, 11:28 UhrIm Einkaufscenter in der Virnsberger Straße ist viel los, im Supermarkt gehen im Sekundentakt Lebensmittel übers Kassenband. Doch auch eine Ladenzeile weiter sind an diesem Tag die Gitter hochgezogen, die Kunden dürfen kommen. Der Kik im Nürnberger Westen hat wieder offen, zumindest bis zum Eintreffen der Polizei. Die Filiale des Textilunternehmens ist eine von vielen, die in den vergangenen Tagen wieder ihre Türen geöffnet haben.
Kein Protest, eher "unverzichtbar"
Und das auf Geheiß der Unternehmensleitung. "Wir haben auf Basis unserer rechtlichen Einschätzung und entlang der bisherigen Öffnungsstrategie der bayerischen Politik entschieden, unsere Geschäfte in Bayern zu öffnen", teilt der Konzern mit Sitz in Nordrhein-Westfalen mit.
Mit dem Gerichtsbeschluss zum Verkauf von Schuhen aber habe das nichts zu tun, auch handle es sich nicht um eine Protestaktion. Vielmehr ist Kik überzeugt, "dass unsere Filialen zu den Ladengeschäften gehören, die für die tägliche Versorgung unverzichtbar sind".
Schuhe als "seriöser Maßstab"?
An Kritik spart Kik in seinem Statement nicht. Denn "ob die Größe von 51 Prozent Schuhen am Gesamtverkauf von Einzelhandelsgeschäften ein seriöser Maßstab im Rahmen einer nachvollziehbaren Anti-Corona-Politik" sind, darüber könne man streiten. Das Textilunternehmen pocht auf Sicherheitsvorgaben und Hygieneregeln, die eingehalten werden, und die vom Robert-Koch-Institut für den Einzelhandel für gut befunden worden seien. "Der Handel ist definitiv kein Treiber des Infektionsgeschehens in Deutschland."
Kik fordert "bundesweit möglichst einheitliche Standards, um Ungerechtigkeiten im Umgang mit dem Einzelhandel zu beenden".
Polizei: Verständnis bei Filialleitern
Bis dahin aber muss sich der Konzern mit der Polizei auseinandersetzen. Denn die taucht dort auf, wo eine Filiale öffnet. Und schließt sie mit Verweis auf das bayerische Infektions-Schutzgesetz.
Viel Gegenwehr erleben die Beamten dabei nicht. "Bislang konnte den Filialmitarbeitern im Rahmen eines Gesprächs die Rechtslage erklärt werden", sagt Polizeisprecher Stefan Bauer. "Alle Filialmitarbeiter zeigten sich daraufhin einsichtig und schlossen die Geschäfte wieder."
Ein Grund ist, dass es sich um eine große Kette handelt. "Die Mitarbeiter vor Ort sind meist weniger emotional involviert, als Einzelhändler, deren Existenz eng mit dem eigenen Geschäft verknüpft ist", weiß Bauer. Außerdem würden die Mitarbeiter oft auf Geheiß der Firmenzentrale agieren.
5000 Euro Strafe für Inhaber
Alle Vorfälle werden den zuständigen Kommunen gemeldet, diese ahnden die Vergehen. Bauer verweist auf den Bußgeldkatalog "Corona-Pandemie". Dort ist bei verbotenen Ladenöffnungen für "die Person, welche die Entscheidung über die Öffnung des Betriebes trifft", ein Bußgeld in Höhe von 5000 Euro vorgesehen.
Mit einer Strafe rechnet auch Manuela Mevissen. Sie leitet die Kik-Filiale in der Wettersteinstraße in Langwasser. Die wurde am Dienstag von der Polizei geschlossen, "obwohl ich einen Großteil meiner Textilien abgesperrt hatte", sagt Mevissen. Auch Kissen oder Bettwäsche habe sie vom Verkauf ausgeschlossen und sich auf systemrelevante Artikel beschränkt, "die andere ebenfalls verkaufen dürfen".
Mischbetrieb? Polizei fragt nach
Mevissen beruft sich nicht auf das Urteil zu Schuhgeschäften, sondern darauf, "dass wir ein Mischbetrieb sind". Die "sehr netten Polizisten" hätten deshalb sogar noch einmal beim Ordnungsamt nachgefragt, "jedoch mit abweisender Antwort ohne die genaue Sortimentszusammensetzung zu prüfen".
Auch die Kik-Konzernzentrale deutet an, sich zu wehren. "Die Fälle, bei denen es zur Schließung einiger unserer Standorte durch lokale Behörden gekommen ist, werden wir prüfen und behalten uns gegebenenfalls rechtliche Schritte vor."
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