Kirchenumbau in Nürnberg sorgt für geteilte Meinungen

06.11.2014, 12:32 Uhr
Kirchenumbau in Nürnberg sorgt für geteilte Meinungen

© Foto: Peter Romir

"Manchmal sehe ich die neue Gestaltung unseres Kirchenraumes schon vor Augen", schwärmt Pfarrer Bernd Reuther auf der Versammlung der evangelischen Gemeinde in Lichtenhof. Nach den Plänen des Kirchenvorstandes soll sich der Innenraum des 1928 erbauten Gotteshauses bald grundlegend ändern: Die alten Kirchenbänke kommen raus und sollen durch Stühle ersetzt werden. Dazu ein Tischaltar, ein Lesepult und ein neuer Taufplatz, um Gottesdienste in intimerem Rahmen feiern zu können.

"Unsere Kirche wurde ja ursprünglich für Gottesdienste mit etwa 1.000 Leuten konzipiert", erklärt Reuther. „Momentan haben wir im Schnitt um die 140 Besucher. Es ist wichtig, dass wir ein neues Profil finden."

Auch im Hinblick auf das für 2016 geplante Projekt "Vesperkirche", das Mahlzeiten in der Kirche vorsieht, wurden im Kirchenvorstand viele Ideen für den Innenbereich geschmiedet: "Erst dachten wir, es sei cool, einen beweglichen Tischaltar zu haben", erinnert sich Pfarrer Reuther, "aber dann sind wir davon abgekommen. Ein Altar symbolisiert ja auch etwas und sollte nicht wie ein beliebiges Möbelstück ständig hin und her geschoben werden." Um das Problem zu lösen, wandte sich die Gemeinde schließlich an die Studenten der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste — und bekam prompt über ein Dutzend Entwürfe für Altar, Taufplatz und Lesepult.

Ausgewählt hat der Kirchenvorstand daraus das Modell von Philippa Schäfer. Es zeigt auf den ersten Blick schlicht anmutende Konstruktionen aus warmem Eichenholz. Doch wenn man genauer hinsieht, entdeckt man überraschende Details: So besteht der Altar aus sieben übereinanderstehenden Tischen, die man zu einem großen Tisch ausziehen kann. Das spielt laut Schäfer nicht nur auf die "heilige Zahl der Vollkommenheit" an, sondern hat auch ganz praktische Gründe: Je nach Bedarf kann man den Altar auch als Tafel nutzen, zudem ist im zweiten Tisch von oben das Taufbecken eingelassen.

Meinungsverschiedenheiten der Gemeindemitglieder

"Wir haben uns die Entscheidung für dieses Modell wirklich nicht leicht gemacht“, meint Christa Schmeißer vom Kirchenvorstand. "Wir haben lange und heftige Diskussionen geführt." Diese gehen in der Gemeindeversammlung nahtlos weiter. Dabei dreht es sich gar nicht so sehr um Schäfers Entwurf, der allgemein große Zustimmung findet, als vielmehr um die Grundsatzfrage: "Braucht es das?"

Viele Gemeindemitglieder sind mit dem bisherigen Konzept mit Hochaltar, Kanzel und Taufbecken durchaus zufrieden: "Können wir uns die Kosten von 375.000 Euro, von denen 100.000 Euro die Gemeinde aufbringen muss, nicht sparen?", will eine Frau wissen.

"Das ist eigentlich eine recht günstige Maßnahme", verteidigt Pfarrer Reuther die Idee, "nicht nur verglichen mit der Außensanierung, die fast zwei Millionen Euro gekostet hat, sondern auch, weil von der Bestuhlung bis zur neuen Heizung alles drin ist."

Schließlich entspinnt sich eine heftige Diskussion um theologische und weltliche Aspekte von Hoch- und Tischaltären. "Beim Hochaltar sieht man den Pfarrer besser", meint ein Versammlungsteilnehmer. "Wenn ich dagegen im Kreis um einen Tisch sitze, muss ich ständig die anderen Leute sehen und bin vielleicht abgelenkt."

"Ich sitze schon seit Jahren allein in meiner vierten Bank", argumentiert dagegen eine Frau. "Mich würde es freuen, den Gottesdienst in vertrauter Runde zu erleben."

Pfarrer Reuther selbst hat eine klare Präferenz für den Tischaltar: "Ein Gottesdienst ist kein Schauspiel, bei dem alle auf den Pfarrer gucken sollen, sondern ein gemeinsames Erlebnis, bei dem Jesus und das Wort Gottes im Mittelpunkt stehen." Doch er versichert, dass Hochaltar und Kanzel auf jeden Fall bleiben und nach Bedarf genutzt werden: "Wir nehmen also niemandem was weg."

Außer die Bänke. Die gehen für lau an ein koptisches Kloster in Frankfurt, dessen Mönche sich dafür um den komplizierten Abtransport kümmern werden. Während die Diskussion in der Gemeinde weitergeht, steht zumindest der Zeitrahmen schon fest:

Am 17. Januar 2016 startet das Projekt "Vesperkirche" und bis dahin muss der Tisch Gottes seinen Platz gefunden haben.

 

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