Klinikum ruft Pandemie-Alarmfall aus: Das sind die Folgen
11.12.2020, 18:11 UhrMan konzentriere sich nun vollständig auf die Behandlung von dringlichen Fällen, sowohl von Patienten mit Covid-19, aber auch aller anderen Patienten, die akut medizinische Hilfe brauchen, teilte das Klinikum mit.
"Die Lage ist sehr, sehr ernst", betont Prof. Dr. Achim Jockwig, Vorstandsvorsitzender des Klinikums Nürnberg, mit Blick auf die Infektionszahlen. Die Sieben-Tages-Inzidenz für Nürnberg sei nach wie vor alarmierend hoch und bewege sich nahe der Marke von 300 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Nach wie vor werden am Klinikum Nürnberg überproportional viele Patientinnen und Patienten mit Covid-19 aus der ganzen Region behandelt. Die Zahl der Patienten ist mittlerweile mehr als drei Mal so hoch wie während der ersten Welle der Pandemie, so eine Klinikums-Sprecherin.
Am Freitag, 11. Dezember 2020, wurden nach Angaben des Klinikums an den Standorten Nord und Süd 164 Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, stationär behandelt. Davon mussten 37 Patienten intensivmedizinisch versorgt werden. Gleichzeitig bestand bei über 50 stationär aufgenommenen Patienten der Verdacht, dass diese ebenfalls an Covid-19 erkrankt sind.
Klinikum Nürnberg habe Belastungsgrenze erreicht
Das Klinikum Nürnberg sei an seiner Belastungsgrenze angekommen, sagen die Verantwortlichen. "Trotz aller Vorbereitungen und trotz des hochgradig engagierten Einsatzes unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen wir zurzeit in vielen Bereichen, insbesondere in der Notfallversorgung und Intensivversorgung, an unsere Grenzen und können teilweise keine weiteren Patienten mehr aufnehmen", sagt Prof. Dr. Joachim Ficker, Chefarzt der Medizinischen Klinik 3 mit dem Schwerpunkt Pneumologie. "Dies ist für uns alle als Mitarbeiter des Klinikums bitter und eine zusätzliche Belastung."
Die Ausrufung des Pandemie-Alarmfalls bedeutet, dass der eingesetzte Krisenstab und die operativen Einsatzleitungen des Klinikums tagesaktuell und sehr kurzfristig auf die Lage reagieren können, erklärt eine Klinikums-Sprecherin. Diese Alarmstufe mit ihren klar festgelegten Abläufen und Zuständigkeiten sei ein Instrument, um diese Ausnahmesituation zu bewältigen. Grundlegende Strukturen des Alarmplans – wie beispielsweise die operativen Einsatzleitungen an den Standorten Nord und Süd des Klinikums oder der Krisenstab – seien bereits im Frühjahr etabliert worden und seither tätig. Ganz konkret ermögliche es der Pandemie-Alarmfall, die Beschäftigten des Krankenhauses flexibel in Bereichen mit erhöhtem Bedarf einzusetzen.
Zweite Welle: Zunehmend auch Personal betroffen
Sie berichtet, dass im Unterschied zur ersten Welle aktuell nicht etwa Masken oder andere Schutzmaterialien knapp seien. Vielmehr hätten Krankenhäuser während der zweiten Welle mit dem Problem zu kämpfen, dass sich mit zunehmender Verbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung auch zunehmend Krankenhaus-Personal mit dem Coronavirus infiziert oder Kontakt zu Infizierten hat. Dieses Personal stehe dann nicht für die Betreuung der Patienten zur Verfügung.
Das Klinikum appelliert an die Bevölkerung, sich an die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln zu halten und Kontakte zu meiden.
Klinikum Fürth: "Verordnen Sie einen harten Lockdown - jetzt"
Auch Dr. Manfred Wagner, der Krisenstabsleiter und Pandemiebeauftragte des Klinikum Fürth, sieht die Lage ernst. "Verordnen Sie einen harten Lockdown - und zwar jetzt!", mit diesem Apell richtete er sich am Freitag nach der Konferenz der Pandemiebeauftragten aller Kliniken im Großraum Nürnberg an Kanzlerin Angela Merkel. "Wenn wir jetzt nicht handeln, riskieren wir, dass unser gut funktionierendes Gesundheitssystem überlastet sein und zusammenbrechen wird", so Wagner weiter. In den Kliniken im Raum Nürnberg werden aktuell 480 Covid-Patienten stationär versorgt. 107 davon – und damit rund 25 Prozent mehr als noch letzten Freitag – liegen auf der Intensivstation, so Wagner. Das Klinikum Fürth behandelt aktuell 60 Covid-Patienten, davon 12 auf der Intensivstation. "Weil wir zusätzlich auch eine immens hohe Belegung mit dringlichen Nicht-Covid-Patienten im Haus haben, ist die Belastung extrem."
Die Bayerische Krankenhausgesellschaft wandte sich derweil mit einem eindringlichen Appell an die Bevölkerung im Freistaat: "Größtmögliche Kontaktvermeidung ist das Gebot der Stunde", betonte Geschäftsführer Roland Engehausen am Freitag in einer Mitteilung. "Wir sehen die Versorgung der Patienten an den Feiertagen ernsthaft in Gefahr, wenn wir es nicht schaffen schnellstmöglich die Infektionszahlen zu senken und die Nachverfolgung in den Griff zu bekommen."
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