Kommt es trotz Corona zu Streiks im öffentlichen Dienst?

30.8.2020, 05:55 Uhr
Dieses Bild könnte schon bald wieder in Nürnberg zu sehen sein: Verdi und der Beamtenbund dbb fordern Lohnerhöhungen für die rund 2,5  Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.

© lio Dieses Bild könnte schon bald wieder in Nürnberg zu sehen sein: Verdi und der Beamtenbund dbb fordern Lohnerhöhungen für die rund 2,5  Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.

Die Forderungen seien deutlich überhöht. "Es gibt keinen Zweifel, dass unsere städtischen Beschäftigten in Zeiten von Corona gut arbeiten und wesentlich zur guten Bewältigung der Situation beitragen. Dennoch erscheint die Forderung aufgrund der wegbrechenden Einnahmen und der niedrigen Teuerungsrate von unter einem Prozent doch deutlich zu hoch", sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU). "In einer Zeit, in der Beschäftigte in vielen Branchen um ihren Arbeitsplatz bangen, sind sichere Arbeitsplätze bei der Stadt viel wert."

Die Forderung würde den Stadthaushalt allein 2021 mit rund 19,6 Millionen Euro mehr belasten. "Das können wir uns schlichtweg nicht leisten", erklärte Kämmerer Harald Riedel (SPD). "Wir müssten dann Stellen abbauen statt in Bereichen wie dem Gesundheitsamt oder dem Einwohneramt dringend benötigte Kapazitäten aufzubauen."

Kosten von sechs Milliarden Euro

Auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) übt Kritik: "Dies zeigt, dass die Gewerkschaften den Ernst der Lage offensichtlich nicht erkannt haben – und das in der schlimmsten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik", sagte der VKA-Präsident und Lüneburger Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD). "Die Kassen sind leer." Die Umsetzung der Forderungen würde laut Verdi und VKA insgesamt rund sechs Milliarden Euro kosten.

Verdi-Chef Frank Werneke sagte hingegen: "Die Corona-Pandemie zeigt: Der öffentliche Dienst und seine Beschäftigten halten das Land zusammen." Auf völliges Unverständnis stoße die Kommunen-Forderung nach einer Nullrunde auch angesichts des lauten öffentlichen Applauses etwa für Krankenschwestern oder Rettungssanitäter während des Corona-Lockdowns.

Streiks sind in dem Tarifkonflikt nicht ausgeschlossen – Massen-Demonstrationen wegen des Infektionsschutzes gelten aber als schwierig. "Wenn die kommunalen Arbeitgeber glauben, dass die Beschäftigten sich in der Corona-Situation nicht wehren, dann haben sie sich getäuscht", sagte Werneke. Bereits vor der jüngsten Tarifrunde 2018 hatten Warnstreiks von 220 000 Beschäftigten Teile des Nahverkehrs lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Im April 2018 hatten die Tarifparteien insgesamt 7,5 Prozent mehr Geld bis März 2020 vereinbart.

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