Opern-Ensemble sucht Bleibe
Kongresshalle als Interimsspielstätte? Lehners Vorschlag sollte geprüft werden
15.7.2021, 05:58 UhrDas Opernhaus in Nürnberg muss saniert werden. Doch die Stadt kann das Haus in der langen Sanierungsphase, die bis zu zehn Jahre dauern kann, nicht einfach Zusperren. Derzeit wird deshalb nach einer Interimsspielstätte für das Opernhaus gesucht. Entschieden ist noch nichts. Kulturbürgermeisterin Julia Lehner hat jetzt vorgeschlagen, in die Räume der Kongresshalle Büros, Garderoben, Werkstätten, Proberäume, Lager und ein Foyer unterzubringen. Zusammen mit einer Bühne im Innenhof der Kongresshalle würde das eine Interimsspielstätte für die Oper ergeben.
Neuer Stadtteil entsteht
Wenn es gelingt, dass die Bühne nach der Sanierung des Opernhauses einer nachhaltigen Nutzung zugeführt wird, hätte diese Vorschlag viel für sich. Mit der TU Nürnberg und ihrem Umfeld entsteht praktisch ein völlig neuer Stadtteil in nächster Nähe der Kongresshalle und es wird dort an kulturell zu nutzenden Räumen fehlen. Die Funktionen der Kongresshalle mit dem erweiterten Dokumentationszentrum und dem Opernhaus-Interim könnte dann mit Künstlerateliers abgerundet werden. Das Gelände ist außerdem verkehrlich gut angebunden.
Der Vorschlag ist es wert, dass es finanziell und auf seine Machbarkeit hin geprüft wird. Allerdings dürfte es erheblichen Widerstand in der Tradition des ehemaligen Kulturreferenten Hermann Glaser geben, der eine neue Nutzung des Reichsparteitagsgeländes stets verhindert hat.
Private Initiative
Führungen, Ausstellungen und Informationstafeln gingen zunächst auf eine private Initiative zurück, weil die Stadt lange Zeit nicht wusste, wie sie mit den Gelände umgehen soll. Die Entscheidung in den neunziger Jahren, eine Dokumentationszentrum zu bauen, das über die Rolle des Parteitagsgeländes im Rahmen des NSDAP-Propagandasystems informiert, war richtig. Auch die geplante Erweiterung um die Themen Deportation und Zwangsarbeit ist überzeugend. Es besteht aber die Gefahr, dass die Geschichte der NS-Zeit, die mit dem Reichsparteitagsgelände erzählt werden kann, die Dimension des Reichsparteitagsgelände verniedlicht: Es steht eben für die Showseite der Nazis und für Verführung. Wer heute das marode Gelände sieht, assoziiert nichts mehr mit Verführung.
Ein Kulturbruch
Das sollte man bei all den pädagogisch-digitalen Anstrengungen, den geschichtlichen Absturz Deutschlands zu vermitteln, bedenken. Das gilt auch für Glaser-Adepten, die der Gefahr unterliegen können, einen Nazi-Erinnerungspark zu kreieren. Ein teilweise kulturelle Nutzung der Kongresshalle, die von den Nazis nie für ihre Propaganda verwendet werden konnte, würde Rechtsextremisten eine Nase drehen: Schaut her, Kultur habt ihre verboten. Doch ihre Freiheit und Vielfalt ist stärker als Rassismus und Nationalismus.
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