Kostenlos-Konzert: Clueso heute bei "Stars im Luitpoldhain"
4.8.2019, 05:09 UhrAutogrammjäger bekämen wohl Schnappatmung: Leinwände, überzogen von Signaturen großer und größter Namen aus der Jazz- und Klassikszene zieren die Wände in Andreas Radlmaiers Büro. "Danke, ihr wart klasse", schreibt Sopranistin Simone Kermes und "Congratulations for another great Klassik-Open-Air" Maestro Alexander Shelley.
Thomas Quasthoff setzt zum Namenszug ein Grinsgesicht, auch Posaunist Nils Landgren zeichnet. Wolfgang Haffner verewigt sich im großen Herz und Stefanie Heinzmann, Wolfgang Niedecken, Paul Heller, Andreas Blüml oder Ulrich Plettendorf füllen mit Hunderten anderer Künstler über 20 Leinwände dicht an dicht – und für irgendwen war ein Auftritt im Luitpoldhain "mein schönstes aller Konzerte". Radlmaier beugt sich vor. "Manchmal bin ich bei den Namen auch am Rätseln."
Blau, schwarz, grün und rot, raumgreifend oder bescheiden klein, unlesbar oder akkurat purzeln sie unter den Überschriften "KOA" oder "Stars" über die Flächen. Was er dabei empfindet? "Dass die Zeit fliegt und ich schon ganz schön lang in diesem Büro bin." Seit Juli 2010. Während man damals das erste "Silvestival" aus der Hüfte stemmte, sprach Radlmaier im Herbst bereits mit Jazz-Schlagzeuger Wolfgang Haffner über eine neue Idee ...
"Der hat hier schließlich große Tradition"
"Der Ansatz war, in Richtung Jazz zu gehen und einen Entzerrungseffekt zu den beiden Klassik-Open-Airs zu schaffen." Was tut man schließlich, wenn diese wegen Überfüllung an ihre Grenzen stoßen? "Zudem sollte das Ganze einen Nürnberg-Bezug haben und demonstrieren, dass wir hier international agierende Künstler haben", betont der Projektbüro-Chef. "Sie könnten musikalischen Freunden von außerhalb zeigen, dass es hier eine gute Plattform und Interesse für Jazz gibt – der hat hier schließlich eine große Tradition!"
Nürnberg beheimatet den ältesten aktiven Jazz-Club Europas; ein halbes Jahrhundert gab es das internationale Festival "Jazz Ost-West"; die Musikhochschule habe eine Jazz-Abteilung mit gutem Ruf, "und dann die hervorragenden Musiker, die hier verwurzelt sind!", zählt der 61-Jährige auf. "Haffner, klar. Tobias Weidinger, Jo Barnikel, Michael Wollny, Peter Fulda, Norbert Nagel ..."
"Es war ein Schnellschuss und halb gelungen"
Wolfgang Haffner nun brachte Qualitäten mit, die es auszuspielen galt, sollte die Idee der "Stars im Luitpoldhain" greifen. "Er hat ein internationales Netzwerk, eine hohe Flexibilität, einen offenen musikalischen Horizont und durch alle seine Bühnenpartnerschaften persönliche Kontakte." Radlmaier fährt sich durch die Haare, denkt zurück an 2011, den Auftakt mit Quasthoff. "Es war ein Schnellschuss und halb gelungen." Ungünstige Terminlage, Regen, 14 Grad – an die 6000 Menschen vor der Bühne. "Nicht schlecht. Doch auf der Wiese nicht besonders beeindruckend. Ich bin ein Mensch, der mit solchen Eindrücken nicht gern weiter durchs Leben geht."
Zehn Jahre dauert es nach Aussagen von Festivalmachern, bis ein Festival greift. Hier ging es schneller. Haffner agiert inzwischen zum dritten Mal als künstlerischer Leiter, über 45 000 Zuschauer lauschen den "Stars" – "da kann man nicht mehr von Nischenkultur sprechen". Ein kleines Lächeln bei Radlmaier. "Wolfgang hat eine unheimliche Energie", lobt er den Vollblutmusiker. "Für die dritte Runde jetzt hatte ich mir gewünscht, eine weitere Facette seines musikalischen Wirkens zu streifen."
Auf den klassischen Big-Band-Sound und den Ausflug zu Funk und Soul beim zweiten Mal sollte etwas Neues folgen, das mit Haffners Vita zu tun hat und durch die musikalischen Gäste ein Hör-Abenteuer bietet, das jedoch mit der bestens aufgestellten "German All Star Big Band" funktioniert. "Haffner hat mir erzählt, dass er in Clubs und Bars auf Ibiza am Schlagzeug auch mit elektronischen Dingen experimentiert hat. Max Mutzke bildet den Link in die erfolgreiche Vergangenheit und bringt mit Clueso einen Freund mit, der ..."
Hintergründe, Begebenheiten, Erfahrungen – "in dieser künstlerischen Konstellation wird auch das Konzert am Sonntag einmalig bleiben!" Und entspannt wird er es erneut nicht erleben: "Ich sitze da eher auf der vorderen Stuhlkante. Nicht aus Sorge, dass Organisation oder Technik nicht klappen. Ich finde es höchst aufregend, ob das, was man sich ausdenkt, auch aufgeht. Wir haben ja nur die eine Chance. Es muss an diesem Abend funktionieren – und idealerweise klappt das."
Er verschränkt die Arme hinter dem Kopf und blickt auf seine einzigartige Wanddeko. "Am Anfang ist da nur eine weiße Leinwand. Du hast einen Rahmen, doch wie der sich füllt . . . ?" Lange Pause. Dann: "Es ist schön, dass man etwas schafft, was entsteht, explodiert und in Erinnerung bleibt. Das finde ich super."
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