LehrplanPlus: Mehr Qualität oder ein Mehr an Arbeit?

04.03.2013, 13:45 Uhr
LehrplanPlus: Mehr Qualität oder ein Mehr an Arbeit?

© Günter Distler

„Kompetenzorientierter Unterricht“ heißt die Zauberformel. Nachhaltiges Lernen, anwendbares Wissen, Realitätsbezug, Persönlichkeitsbildung: Das alles klingt sinnvoll, erstrebenswert – und ein wenig nach Augenwischerei. Denn schon jetzt ist der G8-Lehrplan derart überfrachtet, dass Lehrkräfte große Mühe haben, die inhaltlichen Vorgaben zu erfüllen, sagt Andrea Franke im Gespräch mit der Nürnberger Zeitung. Die Schulleiterin des Labenwolf-Gymnasiums war am Samstag Gastgeberin der Jahrestagung der musischen Gymnasien in Bayern, in deren Rahmen Eyrainer, Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in Mittelfranken, seinen Vortrag hielt.

So war es nicht verwunderlich, dass die Arbeitsgruppen, die anschließend die pädagogische Umsetzung der in etwa drei Jahren in Kraft tretenden neuen Lehrplangeneration diskutierten, zu einem einheitlichen Ergebnis kamen: Voraussetzung, um die Ziele realisieren zu können, ist vor allem ein Faktor – der Faktor Zeit. Zeit für ein Mehr an Lehrerkonferenzen, für gemeinsame Projekte, deren Planung und Umsetzung; Zeit für Kreativität und Schaffensfreiräume.

Doch 34 Wochenstunden in der neunten Klasse hört sich nicht wirklich nach Freiräumen im Stundenplan an. 1700 Unterrichtsstunden werden im Labenwolf-Gymnasium wöchentlich gehalten. Andrea Franke stimmt Eyrainer prinzipiell zu, dass die fachliche Ausbildung allein zu wenig ist. Aber die Rechnung geht nur auf, wenn sich das Plus an Persönlichkeitsbildung aus einem Plus an Lehrkräften und einem Minus an Stoff zusammensetzt.

Dabei haben musische Gymnasien anderen Gymnasialzweigen eines voraus: „Wir haben ohnehin das ganze Kind im Blick“, sagt Franke. Denn „musisch bedeutet nicht nur ein Instrument zu spielen und ein bisschen zu malen“. Wer gemeinsam musiziert, muss den anderen wahrnehmen, muss aufeinander hören. Wer Kunst gestaltet, kann sich abstrakt ausdrücken. Das Thema Schwingung in der Physik und der Musik, der Goldene Schnitt in Kunst und Mathematik – die Zusammenarbeit nicht nur der Schüler, sondern auch der Disziplinen ist eine Kompetenz, „die die Musischen von Haus aus mitbringen“, betont die Schulleiterin.

Arbeitskreis redet nicht nur, sondern fährt nach München

Der Arbeitskreis musischer Gymnasien hat eine Wunsch- und Bedenkenliste erstellt, in der die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zusammengefasst wurden. Dass es einen solchen Arbeitskreis bestehend aus Schulleitern, Lehrern und Eltern überhaupt gibt, überraschte Jörg Eyrainer positiv. Doch der Arbeitskreis beherrscht nicht nur die Theorie, er setzt sie auch in die Tat um. Bald werden die Mitglieder dem Leiter der Gymnasialabteilung im Kultusministerium, Walter Gremm, in München einen Besuch abstatten und ihn mit der Liste konfrontieren. Denn so einfach will man sich nicht mit der mangelhaften Aufgabenstellung „Hier habt ihr eine wohlklingende Idee, jetzt setzt sie mal schön um“ abspeisen lassen.
 

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