Luft zum Atmen: So soll Nürnberg deutlich grüner werden

29.8.2019, 05:23 Uhr
Nürnberg hat seine grünen Ecken - hier der Luitpoldhain neben der Meistersingerhalle.

© Oliver Acker, www.digitale-luftbilder.de Nürnberg hat seine grünen Ecken - hier der Luitpoldhain neben der Meistersingerhalle.

Eine lebenswerte Stadt braucht Freiräume. Orte der Zuflucht, an denen sich die Menschen gerne aufhalten, wo sie Ruhe von Hektik und Lärm finden, der Enge entfliehen können. Nürnberg gehört schon jetzt zu den am dichtesten besiedelten Städten Deutschlands – und die Bevölkerungszahl wächst weiter. Die kommunalen Statistiker erwarten, dass die Einwohnerzahl im Jahr 2020 bei rund 530 200 liegen wird.

Die Stadtplanung stellt diese Entwicklung vor große Herausforderungen. Es fehlt an Wohnungen, aber auch das Gewerbe braucht seinen Platz, die Industrie, der Verkehr. Der Raum ist knapp und umkämpft, ausdehnen kann die Stadt ihre Fläche nicht. Sie ist umgeben vom Reichswald, von landwirtschaftlichen Flächen im Süden und dem Knoblauchsland im Norden. Also muss nachverdichtet werden, wo es nur geht. Aber eben so, dass Freiräume bleiben, Frischluftschneisen und Gebiete, an denen Kaltluft entstehen kann.

"Der Masterplan ist ein lebendes Nachschlagewerk, das ständig erweitert wird", sagte Bürgermeister Christian Vogel (SPD) kürzlich in der Vollversammlung des Stadtrats. Als oberster Chef des Servicebetriebs Öffentlicher Raum (SÖR) ist er neben Umweltreferent Peter Pluschke und dessen Team intensiv in das Thema eingebunden. "Wir haben mit dem Masterplan etwas ganz Besonderes auf den Weg gebracht."

Freiräume sind knapp bemessen

Zum Freiraum zählt die Stadt nicht nur Parks und Grünanlagen. Auch die Kleingärten gehören dazu, Sportplätze und Friedhöfe, landwirtschaftliche Flächen, Wälder, Gewässer und Naturschutzgebiete. Insgesamt macht der Freiraum damit rund 47 Prozent der Nürnberger Stadtfläche von rund 17.000 Hektar aus. Auf einen Hektar kommen durchschnittlich 27 Bewohner – bezogen auf das ganze Stadtgebiet. Betrachtet man die Quartiere einzeln, geht es stellenweise wesentlich enger zu. In der Innenstadt etwa steigert sich die Dichte auf 40 bis 120 Menschen pro Hektar.

Wo die Freiräume knapp bemessen sind, werden sie intensiv genutzt. Im Masterplan Freiraum führt das Umweltreferat als Beispiele die Gebiete Steinbühl/Gibitzenhof und Röthenbach an. Dort stehen sechs Hektar öffentliche Park- und Grünanlagen rund 20 000 Bewohnern zur Verfügung – auf eine Person kommen demnach drei Quadratmeter Grün. Hier braucht es kleinteilige Lösungen: die Mehrfachnutzung von Flächen etwa – Schulhöfe als Spielhöfe etwa oder die Begrünung von Dächern und Fassaden.

Der Masterplan ist umfangreich, mit vielen Unterkapiteln versehen, mit großen und kleinen Maßnahmen, mit Vorhaben, die sich relativ schnell umsetzen lassen und anderen, die Vorlauf brauchen. Dazu gehört beispielsweise, die Pegnitz wieder stärker ins Stadtbild einzubinden. Die Zugänge zum Ufer sind stellenweise bereits verbessert worden, wie etwa an der Insel Schütt oder am Kontumazgarten. Der Fluss ist wieder sichtbar, die Möglichkeit am Wasser zu sitzen wird von den Bürgern gut angenommen.

Entkommen aus der Einsamkeit

Wo die Stadt sehr verdichtet ist, ist Minimalismus gefragt. In der Lorenzer Altstadt entsteht in der Nonnengasse auf einer bislang versiegelten Fläche ein "Pocketpark" – eine Mini-Oase, in der man sich gerne aufhält und die zugleich "klimagerecht" gestaltet werden soll. Im März wurde mit dem Bau begonnen, im Herbst soll er abgeschlossen sein. Ein weiterer Pocketpark ist in der Südstadt im Umfeld der Christuskirche platziert worden. Und schließlich bekommen die betagten Grünanlagen eine Runderneuerung: der Cramer-Klett-Park etwa, die Rechenberganlage oder der Stadtpark, den SÖR ab Anfang kommenden Jahres sanieren wird.

In einer Stadt, deren Bewohner älter werden und zunehmend alleine leben, kommt dem Freiraum eine weitere wichtige Bedeutung zu: Er schafft die Chance, der Einsamkeit zu entkommen. Fast 50 Prozent der Haushalte in Nürnberg sind laut Statistik Einpersonenhaushalte. "Hier entfallen die alltäglichen familiären ,Küchengespräche’", stellen die Autoren des Masterplans dazu fest. Gerade im Rentenalter oder bei Arbeitslosigkeit gewinne der öffentliche Raum als Ort der Kommunikation und sozialer Kontakte an Bedeutung. In den dicht bebauten Quartieren leben viele Menschen alleine, dort übersteigt die Zahl der Einpersonenhaushalte die 50-Prozent-Marke.

Neue Wege zu den Parks

660 Hektar öffentliche Grünflächen und Parks gibt es in Nürnberg. Sie sind die am intensivsten genutzten Freiräume in der Stadt. Auf die Gesamtstadt bezogen stehen jedem Nürnberger durchschnittlich nur 13 Quadratmeter in Parks oder Grünanlagen zur Verfügung. Mancherorts ist es mehr, an anderen Stellen weniger – in der Altstadt, in der 15.000 Menschen leben, sind es beispielsweise nur neun Quadratmeter. Die Strategie lautet: das verbessern und nutzen, was schon da ist und neue Wege zu schaffen, um die Parks leichter erreichbar zu machen.

Wo im großen Umfang neuer Wohnraum entsteht, wird der Freiraum schon mitgeplant – im Südosten auf dem ehemaligen Südbahnhofareal an der Brunecker Straße zum Beispiel, auf dem Tiefen Feld und in Thon/Wetzendorf.

Für die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Masterplan hat der Stadtrat für den Zeitraum 2016 bis 2022 insgesamt 12,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Geld kommt auch aus der Städtebauförderung von Bund und Land. Mit der Fortschreibung der Planungen in den nächsten Jahren soll weiteres Geld für die Umsetzung von Projekten beantragt werden – im November entscheidet der Stadtrat in der Haushaltsberatung darüber.

Die komplette Broschüre "Masterplan Freiraum" finden Sie zum Download hier.

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