100 Zeugen benannt

Mammut-Prozess um Alexandra R. in Nürnberg: Angeklagte schweigen zum Auftakt

Johanna Mielich

Online-Redaktion

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9.4.2024, 10:38 Uhr

Mord, Geiselnahme, Betrug und noch andere Straftaten - die Vorwürfe in dem Prozess um das Verschwinden von Alexandra R. aus Nürnberg wiegen schwer. In dem Fall müssen sich ab Dienstag (9.00 Uhr) der Ex-Lebensgefährte der Frau und ein mutmaßlicher Komplize vor dem Landgericht in Nürnberg verantworten. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die beiden Angeklagten die 39-Jährige im Dezember 2022 entführten, töteten und dann eine falsche Spur legten, um ihre Tat zu vertuschen. Von der Leiche fehlt bis heute jede Spur.

Riesiger Medienandrang - Angeklagte schweigen

Zum Prozessstart gegen den 50-jährigen Mann aus Bosnien-Herzegowina und seinen deutschen Geschäftspartner am Dienstag um 9 Uhr versammelten sich etliche Medienvertreter im Landgericht. Der Fall hatte deutschlandweit für Entsetzen gesorgt.

Zum Auftakt schwiegen die beiden Tatverdächtigen und wollten sich nicht zur Anklage äußern. Ein Geständnis zu Prozessbeginn galt auch eher als ausgeschlossen, wie Gerichtssprecherin Tina Haase am Montag gegenüber nordbayern.de erläuterte.

100 Zeugen und ein Dutzend Sachverständige benannt

Die Strafkammer geht von einer umfangreichen Beweisaufnahme aus, kalkuliert wird mit mehr als 30 Verhandlungsterminen bis zum 31. Juli 2024. Schon aufgrund der Vielzahl der Prozessbeteiligten, wird im großen Sitzungssaal E.006 getagt.

Auch ein Ergänzungsrichter und zwei Ersatzschöffen werden an allen geplanten Verhandlung teilnehmen, damit der Prozess nicht aufgrund von Krankheit platzt. Bei solchen großen Verfahren ein sehr übliches Vorgehen, wie Haase betont. Denn: Höchstens drei Wochen darf ein Prozess pausiert werden, sonst müsse die Beweisaufnahme von vorne beginnen.

Fehlende Leiche

Ein entscheidender Punkt in dem Prozess könnte die fehlende Leiche sein. Diese sei ein wichtiges Beweismittel, erläutert Sprecherin Haase. An dieser könne man zum Beispiel Abwehrspuren sehen und wie das Opfer tatsächlich zu Tode gekommen sei. Zudem schwiegen die beiden Verdächtigen seit ihrer Verhaftung im September 2023 zu den Vorwürfen.

Dennoch ist sich die Staatsanwaltschaft sicher, den Männern die Tat nachweisen zu können. Mit Hilfe von Indizien will sie die mutmaßlichen Täter zurück an den Tatort bringen. Etwa 100 Zeugen und ein Dutzend Sachverständige sind benannt.

Die Angeklagten sollen die 39-Jährige im Dezember 2022 überwältigt, verschleppt und getötet haben. Nach dem Mord sollen sie Abschiedsnachrichten von ihrem Handy verschickt und dieses nach Italien gebracht haben, um eine falsche Spur zu legen.

Immobiliengeschäfte und viel Geld

Das Motiv war nach Ansicht der Anklagebehörde unter anderem ein Streit um viel Geld. Nach Überzeugung der Ermittler hatte der damalige Lebensgefährte das Geld der leitenden Bankangestellten für Immobiliengeschäfte genutzt, die über den zweiten Angeklagten, einen heute 48-Jährigen, liefen.

Nach der Trennung im März 2022 soll die Frau die Zusammenarbeit beendet und den Zugriff auf ihre Konten verweigert haben. Mit einem Vollstreckungstitel sollen die beiden Männer schließlich versucht haben, fast 785 000 Euro von der Frau einzufordern. Diese wehrte sich jedoch zivilrechtlich dagegen. Kurz vor der entscheidenden Verhandlung vor dem Landgericht verschwand sie.

Mordnachweis ohne Leiche?

Bundesweit gibt es immer wieder Mordprozesse, bei denen die Leiche fehlt. Ob dies den Nachweis der Tat erschwere, lasse sich nicht pauschal beantworten, sagt der Strafrechtler Tobias Kulhanek von der Universität Erlangen-Nürnberg. Das hängt immer vom konkreten Fall ab und davon, ob es andere eindeutige Beweise gibt. "Jeder Prozess steht für sich." Deshalb ließen sich auch keine Rückschlüsse aus anderen Prozessen ziehen, wie wahrscheinlich eine Verurteilung in dem Nürnberger Fall sei.

"Die Beweise in der Gesamtlage verdichten sich so, dass man zu einer Verurteilung kommen könnte", sagt Gerichtssprecherin Haase. Dazu gehörten unter anderem DNA-Spuren, GPS-Daten von den Handys und Zeugen, die am Tag des Verschwindens das Auto der 39-Jährigen beobachtet hätten. Die Staatsanwaltschaft hat über 100 Zeugen und zehn Sachverständige benannt. "Entscheidend bleibt jedoch stets die finale Einschätzung des Gerichts", sagt Kulhanek. Ob die Beweise ausreichen, um den Angeklagten den mutmaßlichen Mord nachzuweisen, wird sich erst am Ende des Prozesses zeigen.