Masken auch nach der Pandemie? Warum das nicht unbedingt sinnvoll ist
5.2.2021, 14:12 UhrOhne Maske und mit Erkältung in eine volle U-Bahn zu steigen, sich dann ins Wartezimmer ohne Abstand zu anderen Patienten setzen und dem Arzt vielleicht sogar zur Begrüßung die Hand schütteln? Nach gut einem Jahr globaler Pandemie klingt dieses Szenario fast undenkbar. Seit Monaten sind das Tragen der Mund-Nase-Maske und weitere Hygienemaßnahmen Pflicht - und das hat interessante Nebeneffekte.
Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, dass die Ausbreitung der Influenza, sprich die Grippewelle, 2020 insgesamt kürzer ausfiel als in den drei vorangegangenen Saisons. Auch berichtet das Institut von einem abrupten Rückgang von Atemwegserkrankungen insbesondere bei Erwachsenen.
Das bestätigen auch Zahlen der Krankenkasse AOK. Von Ende September bis Mitte November 2020 waren etwa 50 Prozent weniger Versicherte der AOK wegen einer Grippe krankgeschrieben als noch in den Vorjahren, heißt es in der Pressemitteilung.
Auch Krankschreibungen wegen Magen-Darm-Erkrankungen, Bronchitis oder Lungenentzündungen waren laut der AOK im vergangenen Jahr seltener. Dazu käme, dass sich in dieser Saison mehr Menschen gegen die Grippe haben impfen lassen.
Ein Modell für die "Zeit danach"?
Sollten Menschen also, wenn Covid-19 irgendwann ausgestanden ist, im öffentlichen Raum weiterhin eine Maske tragen? Laut einem Artikel der Welt seien einige Ärzte dafür, auch in Zukunft auf Masken in ihren Praxen zu bestehen. Auch über die spätere Handhabung von Hygienemaßnahmen im öffentlichen Nahverkehr wird nachgedacht.
Prof. Dr. Christian Bogdan vom Lehrstuhl für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erklärt die Situation so: "Es ist altbekannt, dass man durch Expositionsprophylaxe - nichts anderes ist die Mund-Nasen-Maske – sehr gute Effekte erzielt. Aus epidemiologischer Sicht macht es natürlich Sinn diesen Schutz da anzuwenden, wo viele Menschen auf engem Raum zusammen kommen, insbesondere, wenn man selber mit einem aerogen übertragbaren Erreger infiziert ist."
Auslastung der Intensivbetten: So ist die Lage in der Region
Bei all diesen Debatten ist es aber fraglich, wie sinnvoll es sei, jede Infektion zu verhindern. "Unser Immunsystem profitiert davon, wenn es immer wieder Viren - der Großteil davon ist harmlos - ausgesetzt ist. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes Training."
Man solle sich künftig also nicht mehr so verhalten, als würde eine gefährliche Epidemie oder Pandemie grassieren, wenn dies nicht der Fall ist. "Wir sollten um uns herum keinen sterilen Kokon aufbauen", so der Experte.
Bereitschaft zur Maske ist da
Das sieht man bei der Stadt Nürnberg ähnlich. Andreas Franke, Leiter des Presseamtes, sagt: "Der Rückgang anderer Infektionskrankheiten, wie zum Beispiel der Grippe, ist ein sehr positiver Nebeneffekt in dieser schweren Corona-Pandemie. Dennoch wird die Stadt Nürnberg in der Zeit nach der Pandemie nicht auf eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum oder bei Großveranstaltungen setzen".
Dies würde aber nicht bedeuten, dass Menschen in Zukunft bei Großveranstaltungen, Ansammlungen oder auch im öffentlichen Nahverkehr nicht privat eine Maske tragen werden.
Beim Airport Nürnberg ist die "Maske nach der Pandemie" derzeit noch kein Thema. Man setze dort die behördlich angeordnete Maskenpflicht in Abhängigkeit der Pandemielage um und hält sich an behördliche Vorgaben und die mit den Verbänden abgestimmten Standards, heißt es aus der Pressestelle.
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Auch bei der VAG plant man derzeit noch nicht für die Zeit nach der Pandemie. Die Pressesprecherin Elisabeth Seitzinger erklärt: "Derzeit können wir keine qualifizierte Aussage treffen, welche Entscheidungen die Politik oder auch Gesundheitsbehörden für die Zeiten nach der Pandemie treffen werden. Wir können auch nicht abschätzen, wie sich jeder Einzelne verhält. Vielleicht braucht es gar keine Vorgaben und jeder greift zur Maske, wenn er erkältet ist."
Maske hat nicht nur Vorteile
Möglich ist es, dass es dazu gar keine Vorgaben braucht, zumindest wenn man die repräsentative Umfrage der Schwenniger Krankenkasse liest. Dabei wurden mehr als 1.000 Jugendliche und junge Erwachsen zwischen 14 und 34 Jahren zu den Auswirkungen von Covid-19 auf das eigene Leben gefragt. 59 Prozent gaben dabei an auch in Zukunft im öffentlichen Raum eine Mund-Nasen-Maske tragen zu wollen.
Auch will die große Mehrheit in Zukunft weniger Händeschütteln. Nathalie G., 26 Jahre alt und aus Nürnberg: "Im öffentlichen Nahverkehr oder im Flugzeug würde ich auch nach der Pandemie noch eine Maske tragen. Bei Großveranstaltungen wie Konzerten eher nicht, da würde für mich die Qualität des Events leiden."
Bedeutet das also, dass man auch in Zukunft hauptsächlich Menschen mit Maske durch die Breite Gasse schlendern sehen wird? Das dürfte insgesamt schwer zu beantworten sein, schließlich bringt die Maske auch einige Nachteile mit sich. Neben Alltagsproblemen für Brillen- und Bartträger kommt ein erhöhtes Müllaufkommen und die kommunikative Faktoren dazu.
Schließlich fehlt beim Sprechen mit anderen Menschen ein nicht unerheblicher Teil der Gesichtsmimik. Einige Menschen berichten außerdem, dass es ihnen schwerfällt mit der Maske zu atmen, dass sie sie als störend empfinden oder durch die Mundbedeckung Pickel und andere Hautprobleme aufgetreten sind.
Falscher Zeitpunkt der Debatte?
Also doch eher notwendiger Schutz während einer Pandemie als treuer Alltagsbegleiter für die Ewigkeit? Eine aktuelle Umfrage des Covid-19-Snapshot-Monitoring Cosmo der Universität Erfurt hat ergeben, dass die Zahl der Menschen, die sich selbst als pandemiemüde bezeichnen, leicht gestiegen ist ("Ich bin es leid, von COVID-19 zu hören").
Diese Pandemiemüdigkeit korreliert laut den Verfassern der Umfrage auch mit weniger Schutzverhalten. Hat irgendwann also einfach schlichtweg niemand mehr Lust eine Maske zu tragen - Grippe hin oder her? Noch ist es nicht so weit, darüber Prognosen zu ziehen. Wegen des Infektionsgeschehens bleibt die Maske weiterhin erstmal Pflicht.
Corona in Nürnberg: Das sind die aktuellen Fallzahlen
Dr. Michael Hubmann, ärztlicher Leiter des Impfzentrums Fürth, sieht die jetzige Debatte zu den Masken in Zukunft kritisch. "Es ist natürlich ein spannendes Thema, vor allem wenn man sieht, wie die Grippe quasi wirklich in sich zusammenfällt."
Trotzdem sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt über dieses Thema zu diskutieren, meint der Kinderarzt. "Wir müssen jetzt erstmal gemeinsam durch diese Pandemie kommen."
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