"Mit uns redet ja keiner": Wie geht es im Norden Nürnbergs mit der Stadtentwicklung weiter?
29.4.2021, 07:06 UhrWilhelm Schuh steht vor einem Plakat in der Größe einer Werbetafel. "Für den Bestand stadtnaher Landwirtschaft und Natur. Flächenfraß, Emission und Verkehr haben wir genug", steht dort zu lesen. Eine Ecke ist leicht abgeknickt, die muss er wieder festzurren. Schuh ist der Gründer der Intiative "Stoppt die SEM Marienberg", die federführend vom Bauernverband getragen wird.
Das überparteiliche Bündnis hat auf Facebook gut 250 Fans, die alles verfolgen, was Schuh dort postet. Der Zuspruch aber sei nicht mehr so gewaltig. Einige hätten ihren Widerstand schließlich aufgegeben und haben dann doch ihre Flächen an die Stadt verkauft, sagt Schuh. "Diese Gruppe hat kein Interesse mehr."
Ein Flickenteppich
Von der Flughafenstraße Richtung Albrecht-Dürer-Airport geht es nach rechts in einen Feldweg. Hier beginnt das strittige Areal, das eine Gesamtfläche von 61 Hektar – zum Vergleich: das entspricht der Größe von neun Fußballfeldern – ausweist. Brachflächen, Wiesen, Ackerbau, Pferdekoppeln. Homogen ist hier nichts. Viele einzelne, größtenteils handtuchförmig, abgegrenzte Parzellen zerstückeln das Gesamtbild zusätzlich.
Unberührt ist die Natur hier bisweilen nur oberflächlich, denn unter einem Wiesenstück etwa liegt ein Leerrohr für eine mögliche U-Bahn-Erweiterung ("Marienberg"). Ein weiter hinter liegender Betonbau wird gerade routinemäßig von Mitarbeitern der VAG in Augenschein genommen – der Notausstieg auf der Strecke zwischen Ziegelstein und Flughafen. Während der U-Bahn-Ausbau wegen einer zu geringen Bevölkerungsdichte an dieser Stelle als gestrichen gilt, warten Landwirte, Grundstückseigentümer und die Mitglieder und Betreiber der angesiedelten Reitvereine auf ein Signal.
"Mit uns redet keiner", sagt Wilhelm Schuh. Offizielle Ergebnisse von einem kostenintensiven Gutachten, das die Stadt in Auftrag gegeben habe, kenne man nach wie vor nicht. Dies habe zur Folge, dass die Unsicherheit unter den Grundstückseigentümern groß sei. Auch die Banken hätten bereits reagiert und würden die Flächen der Eigentümer wegen des Vorkaufsrecht der Stadt nicht mehr als Sicherheit akzeptieren. Insgesamt also weitgehend Stillstand.
Das Gutachten sei auch nicht umfassend fertig, sagt Baureferent Daniel Ulrich. Es handele sich um viele Einzelgutachten, die zu einem Gesamtwerk werden. Dass die Gespräche stagnieren, bedauert er. Wegen der Pandemie seien die Ortstermine mit den Grundstückseigentümern derzeit nicht möglich – "und solche Verhandlungen macht man nicht am Telefon".
Was die Tendenz betrifft, so werde es die große Lösung aus einer Vielzahl von Gründen (seltene Tier- und Pflanzenarten, archäologische Funde) kaum geben. Mehr Aufschluss über die Nutzungsmöglichkeit soll dann das fertige Gutachten liefern.
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