Mohamed war Ersthelfer bei Feuer-Tragödie: "Wir wollten sie retten"
3.3.2019, 17:01 UhrMohamed schlief seelenruhig in seinem Zimmer, als er plötzlich dicken schwarzen Qualm bemerkte. Wie immer war sein Fenster in der Sandreuther Asylbewerberunterkunft auch in der Nacht auf Samstag offen - ein glücklicher Zufall, denn der Iraner war einer der ersten Helfer, die das verheerende Feuer in einem Wohnhaus nebenan bemerkten.
Er skizziert die dramatischen Minuten, als die Flammen loderten, so: "Ich habe Gerüche und Geräusche bemerkt und bin direkt ans Fenster gesprungen." Kurz vor 3 Uhr war das, er sei aus seinem Bett hochgeschreckt - und hat, als er das Feuer sah, sofort lautstark Alarm geschlagen. Damit weckte er viele der Bewohner in der Asylunterkunft auf, einige von ihnen wählten den Notruf. Mehrere Anrufe gingen bei der Integrierten Leitstelle (ILS) in diesen Sekunden ein, die deshalb sofort einen zweiten Löschzug in die Industriestraße schickte, noch bevor die ersten professionellen Retter am Brandort waren. Eine durchaus gängige Praxis, denn bei mehreren Anrufern steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Leute ernsthaft in Gefahr sind.
"Ich hatte nur eines im Sinn: helfen", sagt Mohamed, der seit gut drei Jahren in Deutschland lebt. "Ich habe ein großes Herz, das sind Menschen." Vor der Unterkunft habe er einen wild gestikulierenden älteren Mann gesehen, der rief: "Die Babys, die Babys." Mohamed verstand, dass sich im Inneren des Gebäudes Kinder befinden müssen. "Wir wollen sie retten", sagt der 31-Jährige.
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Sein erster Impuls war, einen der Feuerlöscher zu benutzen, die überall in der Asylbewerberunterkunft verteilt sind. Im Hausflur griff er sich einen und sprühte in den Eingang des Brandhauses - vergeblich. "Die Flammen kamen immer wieder", sagt Mohamed. Dennoch versuchte der Iraner weiter, gegen das Feuer anzukommen und schnappte sich in seiner Verzweiflung einen zweiten Pulverlöscher. Diesmal zielte er auf eines der Fenster, aus dem dichter Rauch quoll. Erneut ohne durchschlagenden Erfolg.
Es flossen Tränen
Dann rückte die Feuerwehr an. Zwischenzeitlich bis zu 30 Personen wollten helfen, aus Gründen der Eigensicherung wurden sie aber von der Polizei weggeschickt. Die Ersthelfer hätten sich sonst in ernsthafte Gefahr gebracht, dichter, giftiger Rauch waberte über das Gelände, Flammen loderten meterhoch aus den Fenstern. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie heftig der Brand war.
Die Spurensuche vor Ort geht derweil weiter. Noch immer sind Brandfahnder im Einsatz. Vieles, was in dem Haus war, ist bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Teil für Teil wollen die Ermittler jetzt das Puzzle zusammensetzen und so klären, wie es zu dem Feuer kommen konnte. Mehrere Medien berichten, dass die Leichen am Montag obduziert werden sollen. Das Präsidium Mittelfranken bestätigte das auf nordbayern.de-Nachfrage nicht.
Am Sonntagnachmittag legten Menschen Blumen und einen Plüschhund vor dem Brandhaus in Sandreuth ab. Die Mutter der verstorbenen Frau dankte Mohamed für seinen Einsatz, der letztendlich vergeblich war. Es flossen Tränen. "Es tut mir leid, was passiert ist", sagt Mohamed.
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