Musik für Nürnbergs Zootiere? Das sagt der Tiergarten-Chef

27.4.2020, 08:40 Uhr
Wo sind denn die ganzen Menschen hin? Das fragt sich derzeit nicht nur der Panda in Nürnbergs Tiergarten.

© Christian Langhans / Tiergarten Nürnberg Wo sind denn die ganzen Menschen hin? Das fragt sich derzeit nicht nur der Panda in Nürnbergs Tiergarten.

Violinkonzerte oder Rockmusik – die Tiere im oberfränkischen Mehlmeisel werden derzeit mit Musik bespielt. Der Hintergrund: Seit die Besucher fehlen, ist es im Wildpark Waldhaus totenstill. Rotwild, Luchse oder Auerwild würden sich schnell daran gewöhnen und scheu werden, erklärte der Betreiber Eckard Mickisch der dpa. Als ihm auffiel, dass die Tiere schon beim kleinsten Huster erschrocken reagierten, beschloss er, es mit Musik zu versuchen.


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Seitdem erklingt sie über Lautsprecher von 8 bis 18 Uhr an den Gehegen. Die Playlist müsse vielseitig sein, um alle Frequenzen abzudecken: Ein Violinkonzert erinnere an Babygeschrei, für Hundegebell brauche man "den Bums wie bei Highway to Hell von AC/DC", so Mickisch. Zwischendrin spiele er Aufnahmen von Besucherführungen. Für Abwechslung sei auch gesorgt, die Liste werde täglich variiert.

Die NZ fragte bei Dag Encke, Chef des Nürnberger Tiergartens, nach, ob diese Idee nicht auch eine Inspiration für die Anlage am Schmausenbuck sein könnte? "Nö", lautet die knappe Antwort Enckes. "Ich finde es ganz gut, wenn die Tiere wieder etwas aufmerksamer sind", sagt er. Im Tiergarten ist es derzeit auch still wie nie. "Es fehlt das Grundrauschen, das sonst durch die Besucher entsteht."

Gewöhnung an neue Muster

Je nach Tierart, verändere sich das Verhalten. Schon kurz nach Beginn der Corona-bedingten Schließung habe er bemerkt, so Encke, dass die Wildpferde schneller und misstrauischer auf kleinste Geräusche reagierten. Die Gewöhnung an ein neues Muster, also beispielsweise an eine ruhigere Geräuschkulisse, sei bei den Tieren unterschiedlich. Nach nun fast sechs Wochen könne er bei vielen anderen Arten Verhaltensänderungen sehen: "Die Totenkopfäffchen am Eingang schlagen jetzt schneller akustisch Alarm, was vermutlich daran liegt, dass sie sehr klein sind." Sie versuchten damit, ihre Artgenossen zu warnen. Ansonsten wagten sich die Tiere näher an die Bereiche heran, an denen normalerweise die Besucher stehen.


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Am meisten gehe ihm das Herz im Manatihaus auf, so Encke. "Dort kann man sehen, wie die Tiere den Raum zurückgewinnen und das Haus zu 100 Prozent nutzen. Außerdem verteilen sie sich gleichmäßiger. Die Tangare und die Peru-Täubchen fliegen tiefer, andere brüten an Stellen, an denen sie sich sonst wegen der Besuchernähe nie niedergelassen hätten und zwischendrin läuft der Leguan entspannt hindurch."

Das sind jedoch nur subjektive Wahrnehmungen, die auch die Pfleger bei ihren Versorgungsgängen machen. Doch der Tiergarten nutzt die Zeit der Schließung auch für wissenschaftliche Arbeiten. So wird derzeit das Verhalten der Eisbären sowie der Gorillas per Kamera aufgezeichnet. "Bei den Gorillas beobachten wir derzeit eine ausgeprägte soziale Interaktion. Wir wissen aber nicht, ob das eher am Jungtier oder an den fehlenden Besuchern liegt."

Vorbereitungen für Öffnung

Mit der Videoanalyse will der Tiergarten auch erforschen, wie es sich auswirkt, wenn die Besucher wieder zurückkehren. Wann das sein wird, ist derzeit noch völlig offen. "Da können wir nur spekulieren. Vielleicht am 3. Mai, realistisch rechnen wir aber nicht mit einer Öffnung vor dem 11. Mai. Aber das sind alles nur Vermutungen!", betont Encke. Natürlich habe man Vorschläge erarbeitet, um Besucher, vor allem an neuralgischen Punkten wie Kassenhäuschen und Gastronomie auf Abstand zu halten.

Auch blieben die Tierhäuser vorerst zu, um Gedränge zu vermeiden. In der Frage der Spielplatzöffnungen gelten die gleichen Regelungen wie für städtische Spielplätze außerhalb der Anlage. Darf man diese wieder betreten, gelte das auch im Zoo. Bis die Besucher wieder kommen, können die Mitarbeiter weiter das Verhalten der Tiere studieren, bei denen eine Art derzeit in anderer Hinsicht heraussticht: "Den Pavianen ist es egal, ob Besucher da sind oder nicht. Die sind mit einem solchen Selbstbewusstsein gesegnet, dass sie sich selbst genug sind. Da droht maximal ein pubertierender Pavian in Richtung Pfleger. Aber das machen sie auch, wenn Besucher da sind."

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