Nach Club-Aufstieg: Nie mehr 2. Liga, nie mehr Sandhausen?

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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7.5.2018, 12:17 Uhr
Diese Auswärtsfahrt nach Sandhausen werden die Club-Fans in guter Erinnerung behalten.

© Sportfoto Zink / JüRa Diese Auswärtsfahrt nach Sandhausen werden die Club-Fans in guter Erinnerung behalten.

Sandhausen. Ausgerechnet dort ist es nun also passiert. Besser hätten es die Regisseure des Aufstiegs nicht arrangieren können. Denn Sandhausen ist mein Sinnbild für die Tristesse der zweiten Liga. Ich könnte auch Heidenheim oder Bielefeld nennen. Zweitklassige Adressen halt ...

Nein, das soll nicht überheblich klingen. Ich ging auch in den Niederungen der dritten Liga mit dem 1. FCN durch dick und dünn. Damals kickte der Club unter anderem gegen Quelle Fürth. Vor weit über 20.000 Zuschauern übrigens. Sandhausen habe ich deshalb genannt, weil es für mich in den vergangenen Spielzeiten völlig unsexy war, ein Heim- oder gar ein Auswärtsspiel gegen Sandhausen zu besuchen. Letztlich waren Gegner wie Sandhausen der Grund, warum ich mich nach einem Jahrzehnt als Dauerkartenbesitzer vor dieser Aufstiegssaison von meinem liebgewonnene Stammplatz im Luggi-Müller-Block inmitten der Nordkurve losgesagt habe. Schweren Herzens.

Ehrlich gesagt, habe ich es trotzdem nicht bereut. Ein Leben ohne Dauerkarte ist möglich. Ich war heuer dreimal im Max-Morlock-Stadion, dazu einmal in Fürth beim 3:1-Auswärtssieg, das Gefühl etwas verpasst zu haben hatte ich erst zum Ende der Saison. Gegen Braunschweig musste ich dabei sein. Weil die erste Liga da schon zum Greifen nah war.

Nun lockt die Aussicht auf Dortmund, Schalke und Bayern. Als Fan freue ich mich darauf, schon liebäugele ich wieder mit einer Dauerkarte. Wenngleich das Interesse in meinem Freundeskreis verhalten ist.

Mal schauen, ob einer oder zwei Kumpels mitziehen. Zu groß waren die Enttäuschungen der vergangenen Jahre, zu heftig die Eskapaden der alten Vereinsführung unter Martin Bader, zu sehr ist das Vertrauen in diesen unseren Club geschwunden.

Vorbei und vergessen. Das rede ich mir zumindest ein. Denn das neue Führungstrio um den Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Grethlein, den Finanzvorstand Michael Meeske und den sportlichen Leiter Andreas Bornemann macht eine guten Eindruck. Solide Arbeiter statt größenwahnsinnige Träumer - das tut dem Verein meines Herzens spürbar gut. Mindestens eine Spielzeit lang gehört der einst so ruhmreiche 1. FC Nürnberg wieder zu den 18 besten Klubs der Republik.

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Was bedeutet dieser Aufstieg? Für die Stadt mehr Gratis-PR (ein Bundesligist ist der perfekte Werbeträger) und auch mehr Geld. Das lassen die Gästefans, die zahlreicher als in Liga zwei strömen werden, in Nürnbergs Kneipen und Geschäften. Aber auch die heimischen Fans werden wieder mehr: Im Schnitt pilgern in der Bundesliga wohl über mehr als 40.000 Menschen ins Stadion, rund 10.000 mehr als in dieser Spielzeit. Das spült Geld in die notorisch klamme Vereinskasse.

Noch wichtiger: In der Bundesliga kann die Abwanderung der Anhänger gestoppt werden. Zwar darf sich der Club nach wie vor eines sehr großen Einzugsbereichs, aus dem die Fans stammen, erfreuen, doch längst bröckelt es an den Rändern. In der Oberpfalz etwa, einst eine Club-Bastion, haben die Bayern kräftig an Boden gutgemacht. Längst sind beispielsweise im nahe gelegenen Neumarkt viel mehr Bayern- als Clubfans zu finden. Verdenken kann es den Kindern und Jugendlichen, die sich für einen Fußballverein entscheiden, niemand. Wer will schon dauerhaft eine Fahrstuhlmannschaft anfeuern?

Nichts anderes war der Club in den vergangenen Jahrzehnten. Der wenig schmeichelhafte Titel des Rekordabsteigers kommt nicht von ungefähr. Ich habe die Folgen dieser Dauerkrise innerfamiliär ebenfalls verspürt: Zwei meiner Söhne sind Bayern-Anhänger. Und freuen sich über viele Siege. Während der Rest der Familie von Papas alten Geschichten spricht, als es im Uefa-Cup nach Rom und später in der Euroleague nach Lissabon ging. Die Erosion der Fans stoppen, das ist also der eine Effekt, auf den der Club hoffen kann. Auch die längst in Schubladen schlummernden Pläne zum Umbau des Max-Morlock-Stadions in eine reine Fußballarena könnten nur in der 1. Bundesliga Fahrt aufnehmen.

Ein Rang vor der Relegation

Und vielleicht gelingt ja sogar eine Konsolidierung. An deren Ende der FCN nicht zu den 25 besten Vereinen Deutschlands zählt, sondern zu den 15 erfolgreichsten. Und somit immer mindestens einen Rang vor dem Relegationsplatz steht. Auf dass Sandhausen in den kommenden Jahren allenfalls im DFB-Pokal ein Pflichtspielgegner sein kann.

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