Nach der Hochzeit: Frauen stecken bei Namenswahl zurück

Claudine Stauber

Lokalredakteurin Nürnberg

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21.5.2018, 05:41 Uhr
Nach der Hochzeit: Frauen stecken bei Namenswahl zurück

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Simon Tielesch gibt es nicht mehr. 2013 hat der Nürnberger Theologe geheiratet, seither heißt er Simon Wiesgickl, geborener Tielesch. "Das sollte durchaus eine Botschaft sein", sagt der 31-jährige Vikar. "Warum sollen immer die Frauen ihren Namen ablegen?" Einen Familiennamen für sich und die Kinder wollten beide, und Wiesgickl sei doch viel witziger als Tielesch, sagt er. Sein Vater habe schlucken müssen, während sich der Schwiegervater sehr gefreut habe. Des einen Freud, des anderen Leid...

134 heißen wie sie

Das ist die große Ausnahme: Nur bei 134 von 2470 Eheschließungen im vergangenen Jahr lief es so wie bei den Wiesgickls, 134 Männer wollten den Namen ihrer Frau annehmen. Und obwohl das Namensrecht nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1991 unterschiedliche Namen bei Ehepaaren zulässt, macht die große Mehrheit keinen Gebrauch davon. Und nur bei 488 Paaren, also bei unter 20 Prozent, hießen Mann und Frau 2017 nach dem Ringtausch wie vorher.

"Das stagniert seit Jahren", sagt Dagmar Heckel vom Nürnberger Standesamt. Sie selbst heißt seit 1986 so. "Ich wollte keinen Doppelnamen." Als sie 1994 dank einer rechtlichen Übergangsfrist wieder ihren Mädchennamen hätte annehmen können, siegte die Macht der Gewohnheit.

Tatsächlich sind die seit den 1980er Jahren verbreiteten Doppelnamen stark zurückgegangen. Zungenbrecher wie Leutheusser-Schnarrenberger, Kramp-Karrenbauer, Wieczorek-Zeul oder Schmalz-Jacobsen sind zwar Teil der deutschen Emanzipationsgeschichte. Aber sie haben ihre Schuldigkeit getan.

"In den sauren Apfel beißen"

Nur ganz wenige Männer, wie Walter B.-G., haben vor der Gesetzesnovelle den Namen ihrer Ehefrau an den eigenen gehängt. "Einer musste damals in den sauren Apfel beißen", sagt der 58-Jährige, der "aus Bequemlichkeit" oft nur seinen angestammten Familiennamen verwendet. Auch wenn dann manche munkeln, er sei wohl wieder geschieden.

Auch Sör-Sprecherin Ulrike Goeken-Haidl gehört zur Doppelnamen-Fraktion, was an ihrem Mann lag, wie sie andeutet. Die Historikerin lebt auch deshalb mit dem Bindestrich, weil sie als Wissenschaftlerin nicht von der Bildfläche verschwinden will. Dass die große Mehrheit der Frauen freiwillig tut, was zu weniger gleichberechtigten Zeiten schlicht Zwang war, registriert sie kopfschüttelnd. "Es gibt ja zurzeit eh viel Rollback."

Es spricht Bände, was noch 1976 im Bürgerlichen Gesetzbuch stand: "Der Frau ist ein Namenswechsel im Zweifel eher zumutbar, da sie als die zumeist Jüngere vor der Heirat weniger lang im Berufsleben stand, nachher zur Versorgung der Kleinkinder oft einige Jahre aus dem Beruf ausscheidet sowie überdies in ihm häufig weniger hohe Positionen einnimmt als im Durchschnitt der Mann."

Name steht für Identität

Es war ein zäher Kampf, bis 25 Jahre später das Karlsruher Verfassungsgericht in Sachen Namensrecht zu einem ganz anderen Schluss kam. "Der Geburtsname eines Menschen ist Ausdruck der Individualität und Identität." Dies sei doch eindeutig ein Sieg, keine Frau müsse mehr namenlos, quasi unter fremder Fahne, neu anfangen, jubelten Feministinnen. Doch genießen wollen den Erfolg bis heute nur wenige.

Silke B. (49) tut es. Wie die meisten Befragten, will sie anonym bleiben, die Namens-Frage wird durchweg als sehr persönlich empfunden. Sie hänge an ihrem Namen, sagt die Angestellte, weshalb sie ihn behalten hat. Auch die Kinder heißen wie sie, die beiden kamen vor der Heirat zur Welt. "Er fand’s okay." Was in ihren Augen noch für diese Lösung sprach: Ein Doppelname wäre definitiv zu lang gewesen. Hin und wieder, so Silke B., sei es schade, dass man das familiäre Wir-Gefühl nicht nach außen signalisiere.

Es war eine Geste

Es sei eine Geste gewesen, sagt Burkhard Hagspiel; er habe auf seine Zukünftige zugehen wollen. Der Mann von der Stadtentwässerung gab seinen Namen auf, als das erstmals auch für Männer möglich war. Gleich heißen, Familie sein, das sei gut. Hagspiel kommt seit langem klar damit: "Ich habe ihn nie vermisst." Sven Schultz (34) schließt sich an. Er heiratet im Juli Andrea Pitsch und will auch so heißen. Die meisten Bekannten fragten irritiert nach und sein Chef seufze, weil er alles ändern muss. Wie bei den Kolleginnen, die heiraten.

Dass es in Wahrheit um Macht geht, um Selbstaufgabe und Unterordnung, bestreiten alle Frauen, die sich für seinen Namen entschieden haben. Wer sie danach fragt, bringt sie schnell in eine Verteidigungsposition. Ihr Nachname habe ihr noch nie gefallen, meint eine 48-jährige Nürnbergerin. Außerdem habe sie sich von ihrer Herkunftsfamilie abgrenzen wollen.

Das hört man häufig: Nachnamen, mit denen die Brüder problemlos heiraten und alt werden, finden die Schwestern plötzlich unschön oder sehr verzichtbar, wenn das Jawort ansteht.

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