Nach Feuer: Sankt Martha soll wieder aufgebaut werden
7.6.2014, 12:52 UhrKaum sind die letzten Glutnester erstickt, laufen schon die ersten Notmaßnahmen an. Eine Gerüstbau-Firma baut seit Freitagvormittag ein Rettungsgerüst auf, um den Frontgiebel des Sandsteinbaus zu sichern. Nachdem der hölzerne Dachstuhl in der Nacht zum Donnerstag ein Raub der Flammen geworden ist, gilt die spätgotische Front von St. Martha als stark einsturzgefährdet. Schon eine stärkere Windböe könnte ausreichen, um den Giebel zu Fall zu bringen: Eine große Gefahr für die Menschen in der Nachbarschaft – aber auch für den Fortbestand des Gotteshauses, das neben St. Klara zu den ältesten in Nürnberg zählt.
Bereits im Verlauf des Donnerstags haben Statiker der städtischen Baubehörde, der Architekt, der Baubeauftragte der Martha-Gemeinde sowie weitere Fachleute die nächsten Schritte festgelegt.
Seit Freitagmorgen liegt der detaillierte Plan eines Gerüststatikers vor, nach dessen Vorgaben jetzt ein breites Gebilde aus silbrig glänzenden Metallrohren in die Höhe wächst. Zahllose Rückverankerungen müssen in die Sandsteinmauer geschlagen werden, riesige Sandsäcke sollen als Gegengewichte herhalten. Und nicht zuletzt wird ein Fußgängertunnel zwischen Königstraße und dem Eingang des Gemeindehauses entstehen, damit die Kita-Kinder nach den Pfingstferien ungefährdet in den Kindergarten im ersten Stock des Gemeindehauses zurückkehren können.
Dann geht es an den Brandschutt. Dort, wo bislang Gemeindemitglieder gebetet, wo Konzertbesucher vielfältiger Kirchenmusik gelauscht haben, türmen sich jetzt verkohltes Dachgebälk und die Überreste der Orgel, die drei kleinen Kirchenglocken sowie abertausende Dachpfannen. Um die Trümmer aus der Brandruine heben zu können, muss ein Schwerlastkran hinter dem Gotteshaus aufgebaut werden. Dessen Gewicht soll eine Betonplatte gegen den weichen Untergrund abstützen. Angesichts der engen Bebauung kommt dies einer Mammutaufgabe gleich.
Erhebliche Schäden an einer Gebäudewand
Auch sonst gibt es im Moment weit mehr Fragen als Antworten. Ist der hölzerne Boden der drei Kirchenschiffe zu retten – und wie sieht es darunter aus? Haben die drei kleinen Glocken überlebt? Ist das Blei aus den zerschmolzenen Orgelpeifen ins Erdreich gelangt? Und vor allem: Wie sehr hat der Sandstein unter der Brandhitze gelitten? Angesichts der Einsturzgefahr ist der Kirchenraum noch nicht betretbar. Doch schon von außen haben Fachleute erhebliche Schäden an der hinteren Gebäudewand ausgemacht – und bis zu drei Zentimeter tiefe Abplatzungen an den Sandstein-Pfeilern im Kircheninneren.
Thomas Pickl, der Beauftragte der Martha-Gemeinde für die ursprünglich geplante Kirchensanierung, ist dennoch optimistisch, dass die Giebelwände weiter tragen. Der Gebäudeversicherer war bereits mit einem Sachverständigen vor Ort. Für die bisherigen Maßnahmen sei volle Kostendeckung zugesagt, berichtet Pickl. Der Rest werde sich in den nächsten Monaten zeigen.
Bald werden Sponsoren gesucht
In dieser Zeit der Diaspora finden die Gemeindeglieder Aufnahme in den Nachbargemeinden. Ob Gesprächskreise, Bibelstunden oder Gottesdienste, überall gebe es „nur offene Türen für uns“, berichtet Pfarrer Dieter Krabbe bewegt. Zumindest eine der drei Glocken würde er gerne gerettet sehen. Ähnlich wie in St. Lorenz könnte sie später zu einem Mahnmal in der wieder errichteten Martha-Kirche werden.
Parallel dazu denkt Krabbe schon über Sponsoring-Ideen nach. Denn der Fundus historischer Dachziegel, die für die ursprüngliche Sanierung des Gotteshauses zum Stückpreis von 250 Euro verkauft werden sollten, ist mit dem Brand verloren gegangen. An den Bauzaun in der Königstraße möchte der Gemeindepfarrer ein riesiges Plakat mit einem Foto des intakten Hauptschiffs hängen, das den Wiederaufbau des Gotteshauses verspricht. Und für das vollkommen zerstörte Kirchendach könnte er sich moderne Lösungen bis hin zu einer Glaskonstruktion vorstellen.
Was den verheerenden Brand in der Nacht zum Donnerstag ausgelöst hat, bleibt aber vorerst noch offen. Die Brandermittler der Nürnberger Kripo können den Gebäudetorso erst betreten, wenn die Giebelwände gesichert sind. Das dürfte kaum vor nächster Woche der Fall sein. Zudem stellt sich die Frage, wie stark Flammen und Hitze gewütet haben.
Offiziell ermittelt die Polizei in alle Richtungen. Doch zumindest im Moment gibt es auf vorsätzliche Brandstiftung ebenso wenig greifbare Hinweise wie auf einen Kurzschluss in der Elektrik. Ein wenig mehr Klarheit, so ein Polizeisprecher am Freitag, könnte es vielleicht schon Mitte nächster Woche geben.
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