Nach Krebserkrankung: Vater aus Franken macht anderen Mut

Isabel Lauer

Lokalredaktion Nürnberg

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24.11.2020, 18:19 Uhr
Torsten Wiermann kann sein Leben wieder genießen. Der Rother hat eine Krebserkrankung überstanden und will jetzt anderen Mut machen. Aufgeben, sagt er, ist nie eine Option.

© Holger Stegmann Torsten Wiermann kann sein Leben wieder genießen. Der Rother hat eine Krebserkrankung überstanden und will jetzt anderen Mut machen. Aufgeben, sagt er, ist nie eine Option.

Was macht ein Banker, der den ganzen Tag am Computer mit Daten hantiert, wenn seine Finger nicht mehr tippen können? Was macht ein Familienvater, wenn er seine zwei Kinder nicht mehr an die Hand nehmen kann? Was macht überhaupt der Mensch von heute, wenn er sein Smartphone nicht bedienen und keine Tasse halten kann?

Nur noch ein gelegentliches Kribbeln auf dem linken Handrücken und die morgendliche Schilddrüsentablette erinnern Torsten Wiermann an jene Zeit, die seine Lebenseinstellung neu sortiert hat. "Martyrium" nennt er sie und "Marathon". Und trotzdem sagt er heute: "Fast alles Schlechte hat auch sein Gutes."

Plötzlich war die linke Hand lahm

Am Neujahrstag 2016 war der Nürnberger, der mit seiner Familie in Roth lebt, weit entfernt von dieser Erkenntnis. Ein Freund musste ihn in die Notaufnahme fahren. Seine Hand war plötzlich eingeknickt, ganz schlaff und lahm, als hätte er einen Schlaganfall. Dazu kamen höllische Schmerzen in den Armen. Eine Nervenentzündung. Es folgten Untersuchungen, Krankenhausaufenthalte, Behandlungsversuche – und mehr als ein Jahr Zwangspause. Auf Empfehlung einer Ärztin ließ er sich einen Knoten an der Schilddrüse entfernen, weil dieser in Zusammenhang mit den Handlähmungen stehen könnte. Welch glückliche Fügung: Während der Operation stellte sich die Geschwulst als bösartig heraus – und wurde auf diese Weise rechtzeitig genug entdeckt.

Torsten Wiermann war bis dahin ein gesunder Mensch, aber nicht unbehelligt von Krebs bei seinen nahen Angehörigen. Die eigene Begegnung mit der Krankheit im besten Alter bewegte ihn dermaßen, dass er ein Buch darüber schrieb. "Zu früh, um aufzugeben!" hat er es genannt. "Werteanlage" heißt seine dazugehörige Internetseite. Ein Wortspiel mit einem Finanzbegriff – denn eigentlich meint Wiermann die Werte Gesundheit, Familie und Glaube. Er rate jedem, "dir bewusst zu machen, dass heute dein letzter Tag in bester Gesundheit sein könnte". Auch Beten habe ihm geholfen.

"Man muss irgendwann akzeptieren und handeln"

Das Schreiben sei ein stufenweiser Befreiungsprozess gewesen, erzählt der 45-Jährige. Er habe seine Erlebnisse festhalten wollen, zuerst nur für später, für seine Kinder. Dann habe er sich gesagt: Wieso etwas verstecken? "Ich will anderen Menschen aufzeigen, wie man diesen Weg gehen kann, dass es Höhen und Tiefen gibt. Und dass man mit seiner Krankheit irgendwann ins Akzeptieren und vor allem ins Handeln kommen sollte."

Handeln, das könne heißen, sich Wünsche zu erfüllen; im Buch erzählt Wiermann von seiner "Löffelliste" mit Unternehmungen. Es heiße aber auch, für die eigene Sache zu kämpfen. Bevor der Kreditanalyst an seinen Arbeitsplatz zurückkehren konnte, führte er eine Auseinandersetzung mit dem deutschen Sozialsystem. Die Rentenversicherung wollte ihn vorzeitig berenten, versagte ihm Reha-Maßnahmen und Hilfsmittel wie eine Spracherkennungssoftware. Dass der Wiedereinstieg dann doch glückte, habe er seinem Arbeitgeber, der Sparkasse Nürnberg, zu verdanken.


Selbsthilfegruppen in Corona-Zeiten: Ein Ausweg aus der Krise


Heute leitet der ausgebildete Fußball-Jugendtrainer und begeisterte Computer-Rollenspieler in seiner Freizeit eine Selbsthilfegruppe für Schilddrüsenkrebs und sendet auf seiner Facebookseite Mutbotschaften. Er lässt sich von Ratsuchenden gern anrufen, und auch auf sein Buch erhält er immer wieder Echo. "Mir schreiben wildfremde Menschen, um sich für die Informationen zu bedanken. Wenn ich mit meiner Geschichte nur einem Menschen weiterhelfen konnte, freut mich das."

Im kommenden Frühjahr werden es fünf Jahre. Dann gilt man nach einer Krebsbehandlung ohne Rückfall als geheilt. Es wird auch eine Läuterung gewesen sein, so wie Torsten Wiermann davon erzählt.

Kontakt: www.sd-krebs.de, www.werteanlage.de. Das Buch "Zu früh, um aufzugeben!" ist unter der ISBN-Nummer 978-3946287933 erhältlich.

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