Neues Meldegesetz: 660 Prostituierte in Nürnberg registriert
5.7.2018, 05:15 UhrDieser Ansicht ist Fred-Jürgen Beier, Leiter des Gesundheitsamtes. "Die Vorstellung, dass man mit Nachforschungen etwas er reicht, ist weltfremd", sagt er. In den Beratungsgesprächen habe es keine Hinweise auf Zwangs prostitution gegeben. "Die Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, kommen erst gar nicht zur Anmeldung. Wenn sie doch zu uns kommen, dann verschweigen sie es."
660 Frauen und Männer sind seit Inkrafttreten des "Prostituiertenschutzgesetzes" in seine Behörde gekommen. "Die einen lassen die Beratung einfach über sich ergehen, die anderen sind interessiert, wie das zum Beispiel mit der Krankenversicherung läuft." Laut Beier stammen 80 Prozent von ihnen aus osteuropäischen Ländern. "Wir arbeiten mit Dolmetschern zu sammen. Ich halte das für unverzichtbar. Die Frauen sollen die Beratung verstehen." Der Amtsleiter rechnet damit, dass bis Oktober rund 900 Prostituierte registriert sein werden.
"Ursprünglich gingen wir von 1200 aus, so viele werden es aber nicht." Nach Angaben des Landesamtes für Statistik in Fürth haben sich bis dato in ganz Bayern knapp 2200 Prostituierte registrieren lassen. Das Geschlecht wird von den Statistikern nicht erfasst. Nach Schätzungen aber liegt der Männeranteil bei etwa fünf Prozent. Mehr als drei Viertel waren im Alter zwischen 21 und 45 Jahren. 2,4 Prozent waren zwischen 18 und 23 Jahren und 20,7 Prozent waren 45 Jahre und älter. Prostituierte, die unter 21 Jahre alt sind, müssen laut Gesetz alle sechs Monate zur Gesundheitsberatung. Sind sie älter, dann sind sie verpflichtet, jährlich an einem Gespräch teilzunehmen.
Schleppender Prozess
Doch nicht nur Prostituierte müssen sich seit dem Start des Gesetzes registrieren lassen. Auch die Betreiber der Etablissements stehen in der Pflicht, das Gewerbe anzumelden. Zum Jahresende 2017 waren bayernweit 580 Prostitutionsstätten gemeldet, teilt das Landesamt für Statistik mit. Derzeit laufen im Nürnberger Ordnungsamt Anmeldeverfahren von rund 70 solcher Stätten. "Die erste Erlaubnis geht gerade raus", sagt Vize-Behördenchef Robert Pollack. Insgesamt sind dem Amt 212 Prostitutionsorte bekannt — davon 18 Bordellbetriebe, elf Clubs und 183 Prostitutionswohnungen oder auch Modellwohnungen genannt. Der Prozess um die Erlaubnis geht allerdings schleppend voran.
"Das ist für uns Neuland", begründet Pollack die Verzögerung. Die vom Gesetz geforderten Auflagen sollen "gründlich" umgesetzt werden, so dass eine "Gleichbehandlung der Betreiber" gewährleistet ist. Es geht etwa um baulich getrennte Toiletten für Freier und Prostituierte, Pausenräume und ein valides Notrufsystem. "Der Betreiber will in der Regel das billigste Notrufsystem, wir aber wollen eines für den absolut höchsten Schutz der Frauen."
Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes nehmen derzeit Bordelle persönlich in Augenschein. Dabei stoßen sie immer wieder auf unwürdige Zustände. "Es gab auch schon Räume im Keller, da hab ich mir an der niedrigen Decke den Kopf angestoßen", sagt einer, der seinen Namen in der Zeitung nicht lesen will. Eine Erlaubnis gebe es für diesen Betrieb nicht, das ist schon baurechtlich nicht haltbar. Er unterstreicht aber: "Alle Betreiber sind bereit, mit uns zu sprechen." Vize-Amtsleiter Pollack ergänzt: "Sie wollen durch aggressives Verhalten ja nicht ihre Erlaubnis aufs Spiel setzen."
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