Nichtraucher-Kurse sind weiterhin hoch im Kurs

26.01.2009, 00:00 Uhr
Nichtraucher-Kurse sind weiterhin hoch im Kurs

© Michael Matejka

Auch die 19 anderen Kursteilnehmer schlagen das durchaus ernstgemeinte Angebot des Diplom-Pädagogen aus - allerdings aus einem ganz anderen Grund: Sie sind längst auf dem Weg zur Garderobe und kramen bereits hastig ihre eigenen Packungen und Feuerzeuge hervor. Dass die qualmende und frierende Menschentraube, die wenig später vor dem Eingang der Awothek in der Karl-Bröger-Straße steht, tatsächlich gekommen ist, um sich gegen eine Kursgebühr von 99 Euro pro Person das Rauchen abzugewöhnen, mag man nicht so recht glauben.

Fast alle haben schon mehrfach versucht aufzuhören

Doch der Anschein trügt: Unter den überwiegend jungen Männern und Frauen ist fast niemand, der es nicht mehrmals vergeblich versucht hätte, ein für alle Mal die Finger vom Glimmstängel zu lassen. So etwa Manuela aus Fürth, die nach drei gescheiterten Anläufen im vergangenen Jahr es nun mithilfe des Kurses endlich schaffen will: «Ich bin zuversichtlich, dass es diesmal klappt», sagt die 44-Jährige.

Laut Reichl stehen ihre Chancen nicht schlecht: Bis zu 50 Prozent der Kursteilnehmer, sind erfolgreich, also auch nach einem Jahr noch rauchfrei. Und das nach nur fünf Stunden, in denen er den Aufhörwilligen zunächst einmal auf unterhaltsame Weise erklärt, warum sie eigentlich rauchen.

Nikotin nicht der eigentliche Grund für Rückfälle

Nach einer kurzen Unterbrechung, die sie noch als Raucherpause nutzen dürfen, erfahren die Teilnehmer dann, warum es ihnen bislang so schwerfiel, aufzuhören. «Es ist nicht das Nikotin», klärt Reichl, der lange Jahre als Suchtberater tätig ist und dabei selbst bis zu drei Schachteln am Tag geraucht hat, seine Zuhörer auf. «Über den Nikotinentzug sind sie nach 30 Tagen hinweg.»

Trotzdem sitzen im Kurs viele, die nach längerer Abstinenzphase - teils sogar nach Jahren - rückfällig geworden sind. So etwa die 26-jährige Nina. Die Schwangere hatte schon vor fünf Monaten aufgehört, aus Sorge um die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes. Doch ein Todesfall in der Familie, hat sie wieder zurückgeworfen.

Werbebotschaften allerorten versteckt

Dass man in solchen Stresssituationen wieder zur Zigarette greift, liegt laut Reichl in der «Gehirnwäsche der Tabakindustrie», die mit oft versteckten Werbebotschaften ständig zum Rauchen animiere: «Allein in ,Titanic‘ etwa, gibt es insgesamt eine Dreiviertelstunde Rauchszenen und der Rest des Films spielt im Wasser.» Wie man dem unterschwelligen Bombardement wiedersteht, könne man in nur fünf Stunden lernen, sagt Reichl. Angst, dass die aktuelle Lockerung des Rauchverbotes viele vom Aufhören abhält, hat er dabei nicht: «Die Diskussion belebt das Interesse eher noch.»

Auch im Klinikum Nürnberg, das seit mehr als zwölf Jahren Entwöhnungskurse veranstaltet, ist laut Kliniksprecher Peter Petrich keine Flaute zu verspüren. Obwohl das Klinikangebot aus insgesamt sieben Gruppenterminen besteht, die unter Anleitung eines Arztes und einer Psychologin absolviert werden und 250 Euro kosten, sind die Kurse dort ungebrochen gut besucht. «Gerade jetzt zu Anfang des neuen Jahres», so Petrich, «ist die Nachfrage besonders hoch.»

Positive Zahlen kann auch Christian Struller von der Pressestelle der AOK in Nürnberg präsentieren, die sowohl gruppentherapeutische Kurse über mehrere Wochen als auch eintägige Kurse nach der Schlusspunkt-Methode anbietet: «Wir hatten 2008 gut 50 Prozent mehr Teilnehmer als im Vorjahr», sagt Struller. Tendenz: weiter steigend.