Freizeitpark auf Zeit
NürnBärLand: Schausteller hängen weiter in der Luft
31.5.2021, 20:17 Uhr"Start zu Pfingsten" - darauf hatten die Schausteller ihre ganzen Hoffnungen gerichtet. Weil an Volksfeste und Kirchweihen vorerst nicht zu denken ist, haben sie Pläne für eine Alternative geschmiedet - einen Freizeitpark auf Zeit. Unter dem Titel "NürnBärLand" hätte er idealerweise schon in den Pfingstferien vor allem Familien mit Kindern eine Abwechslung und einen kleinen Ausgleich bieten sollen.
Doch auf dem Volksfestplatz am Dutzendteich herrscht weiter gähnende Leere. Der Wunschtermin ist längst verstrichen. Ob und wann Buden öffnen und Karussells für ein beschwingtes Vergnügen oder ein wenig Nervenkitzel sorgen dürfen, weiß keiner. Zwar haben die Schausteller die Staatsregierung schon mit Fragen und Briefen eingedeckt. Auf verlässliche Auskünfte warten sie weiter vergeblich. Als neuer Traumtermin wird inzwischen der 1. Juli gehandelt.
"Uns wurde aber bisher weder ein Zeitplan genannt, noch gibt es Hinweise auf klare Bedingungen wie bestimmte Inzidenzwerte oder ein offizielles Lockdown-Ende", stellt Barbara Lauterbach vom Süddeutschen Schaustellerverband fest. "Und es ist auch schwer nachvollziehbar, warum wir nicht behandelt werden wie zum Beispiel Zoos." Offenkundig, so der Eindruck, scheut die Staatsregierung jede Festlegung und will sich alle Optionen offenhalten. Allerdings soll das Thema wohl bei der nächsten Kabinettssitzung eingebracht werden. In Bayern sind derzeit noch alle Freizeitparks geschlossen.
Europa-Park ist offen
Der Europa-Park in Rust im benachbarten Baden-Württemberg darf im Rahmen eines Modellversuch seit kurzem wieder bis zu 10.000 Besucher pro Tag empfangen. "Es kann aber nicht sinnvoll sein, dass die Leute quer durchs Land fahren müssen, um so etwas zu erleben", unterstreicht Lorenz Kalb, der Vorsitzende des Süddeutschen Schaustellerverbands, "wir wollen die Möglichkeit vor der Haustür bieten".
Dennoch haben auch die Vorstöße der Nürnberger Kommunalpolitiker noch keinerlei erkennbare Erfolge gebracht. Zur Erinnerung: Bei einer Kundgebung am Karsamstag auf dem Volksfestplatz - an jenem Tag wäre eigentlich das zum zweiten Mal abgesagte Frühlingsfest eröffnet worden - hatte Wirtschaftsreferent Michael Fraas vollmundig die volle Unterstützung der Stadt versprochen. Auch weil die Schausteller bekanntlich zu den von der Pandemie mit am härtesten gebeutelten Branchen gehören.
Erste Betriebe haben sogar schon die Segel gestrichen oder sind gerade dabei, unter ihnen ein traditionsreicher Gastronomiebetrieb auf dem Nürnberger Volksfest. Eiskalt erwischen könnte es noch Betreiber von Hightech-Fahrgeschäften, die ihre Investitionen auch über Kredite finanziert haben. Wenn womöglich Banken keine Stundungen mehr akzeptieren, sieht es zappenduster aus - denn in der gegenwärtigen Lage könnten sie ihre teuren Karussells nicht mal weiter verkaufen.
Im vergangenen Jahr hatten die "Sommertage" wenigstens ein paar Dutzend Betrieben zu Umsatz und Einkünften verholfen. Der Rummel in der City war allerdings durchaus umstritten - er dürfte eine einmalige Ausnahme bleiben. "Unsere Mitglieder wollen keine Unterstützung und nicht nur dasitzen und Anträge ausfüllen, sondern selbst für ihren Unterhalt sorgen", merkt Lauterbach an.
Rund 100 Betriebe
Im "NürnBärLand" sollen in diesem Sommer rund 100 Betriebe zum Zuge kommen, über ein Drittel weniger als bei einem regulären Volksfest. Aus gutem Grund: Das ausgeklügelte Hygienekonzept sieht breitere Wege und große Abstände zwischen den Geschäften vor. Der Zugang zu dem umzäunten Areal wird nur über Eingänge mit Datenerfassung möglich sein. Und das sind nur die zwei wichtigsten Punkte einer ganzen Latte von Hygienevorkehrungen.
Im Vertrauen auf bessere Zeiten wollen die Schausteller in der kommenden Woche mit dem Aufbau vor allem der großen Fahrgeschäfte beginnen. Denn nach der für die meisten fast zweijährigen Zwangspause müssen Ausrüstung und Technik besonders gründlich überprüft werden. Mit dabei sind unter anderem Achterbahnen, ein Freefall-Tower und das Riesenrad, das auch für das Frühlingsfest zugelassen war. Im Unterschied zum Volksfest werde es aber kein Großzelt und schon gar keine Partymusik geben, heißt es in dem Konzept der Schausteller, um keinerlei Anreiz zu Gruppenbildungen zu geben.
Volles Risiko
Wie beim Stadtstrand müssen die Schausteller beim Aufbau allerdings das volle Risiko möglicher Ausfälle durch weitere Verzögerungen oder Absagen übernehmen. Gedacht ist dann an einen achtwöchigen Betrieb, jeweils von Donnerstag bis Sonntag. Der Mittwoch - traditionell als Familientag beliebt - bleibt ebenfalls bewusst ausgeklammert, um den Andrang in gut steuerbaren Bahnen zu halten. Fehlt wirklich nur noch eins: grünes Licht aus München.
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